Nach tagelangem Regen wurde nun auch Wien vom Hochwasser getroffen. Der Wienfluss trat im Bezirk Penzing über die Ufer, mehrere Häuser mussten bereits evakuiert werden. Wegen der bedrohlichen Lage musste auch der U-Bahn-Betrieb massiv eingeschränkt sowie die Westeinfahrt gesperrt werden.
Das unwetterbedingte Hochwasser hat nun auch die Bundeshauptstadt erreicht. Der Wienfluss wies am Sonntag um 9.00 Uhr im Bereich der Kennedybrücke einen Pegelstand von 2,26 Meter auf. Am Vortag waren es zur selben Zeit 50 Zentimeter. In Penzing trat der Wienfluss im Bereich Ludwiggasse über die Ufer und überflutete Häuser. Einige Gebäude können nur mehr mit Booten erreicht werden. Wie die Berufsfeuerwehr mitteilte, wurden in den frühen Morgenstunden Menschen evakuiert.
Wienfluss trat über Ufer: Häuser in Wien-Penzing evakuiert
Betroffen waren laut Gerald Schimpf, dem Sprecher der Wiener Berufsfeuerwehr, "eine Handvoll Häuser", die direkt am Wienfluss liegen. Die darin wohnhaften Menschen seien großteils privat untergekommen. Dass sie bald in ihre Häuser zurückkehren können, sei nicht sehr wahrscheinlich, meinte Schimpf im Gespräch der APA: "Es ist nicht zu erwarten, dass das Wasser zurückgeht." Auch weitere Evakuierungen im Stadtgebiet seien nicht ausgeschlossen, meinte Schimpf.
Im äußersten Teil von Penzing, in Hadersdorf-Weidlingau, standen mehrere Straßen bis zu einem Meter unter Wasser. Bei der S-Bahnstation Wien-Weidlingau waren am Sonntagvormittag Feuerwehrtaucher der Stadt Wien positioniert - für den Fall, dass Menschen aus den Häusern entlang des Wienflusses evakuiert werden sollten.
Stromausfälle in mehreren Wiener Bezirken
In drei Wiener Bezirken - nämlich in Teilen von Penzing, Landstraße und der Donaustadt - war am Sonntagvormittag die Stromversorgung unterbrochen. Das teilten die Wiener Netze mit. "Wir arbeiten weiter an der Behebung, um die Versorgung rasch wiederherzustellen", hieß es auf der Website des Energieversorgers.
Wasserpegel steigen bedrohlich an: Betrieb von U4, U6 und U3 stark eingeschränkt
Das Szenario hatte auch Folgen auf den öffentlichen Verkehr. Die Wiener Linien mussten ihren U-Bahn-Betrieb erheblich einschränken. Der Wienfluss hatte bereits in der Nacht einen kritischen Pegelstand erreicht. Auch der Wasserstand am Donaukanal stieg massiv an. Die Wiener Linien sahen sich daher zu umfassenden Schutzmaßnahmen an verschiedenen U-Bahn-Linien veranlasst. Die gefährdeten U-Bahn-Trassen wurden mit Dammbalken und Sandsäcken vor dem eindringenden Wasser geschützt. Der U-Bahn-Betrieb musste teilweise eingestellt werden. Zudem mussten die Tunnel-Vortriebsarbeiten an der U2-Baustelle-Pilgramgasse aufgrund des kritischen Pegelstands eingestellt werden. Alle Arbeiter verließen die Baustelle geordnet. "Der Einfluss des Hochwassers auf andere Baustellen der Wiener Linien ist derzeit noch nicht absehbar. Es ist aber mit weiteren Auswirkungen zu rechnen", teilte Andrea Zefferer, Sprecherin der Wiener Linien, der APA mit.
Die U4 verkehrte nur mehr zwischen den Stationen Heiligenstadt und Friedensbrücke, die U6 wurde vorerst zwischen Floridsdorf und Westbahnhof sowie Bahnhof Meidling und Siebenhirten geführt. Die U3 wurde zwischen den Stationen Rochusgasse und Simmering eingestellt. "Weichen Sie nach Möglichkeit bitte großräumig auf andere Linien aus", ersuchten die Wiener Linien Öffi-Nutzende.
Auf der Linie der U4 wurde zwischen den Stationen Hütteldorf und Karlsplatz ein Ersatzverkehr mit Bussen eingerichtet. Die Haltestellen sind in der WienMobil App unter "Betriebsinfo" - "geplant" - "U4 Hochwasser" zu finden. Außerdem steht weiter die Straßenbahnlinie D zwischen Heiligenstadt und Karlsplatz zur Verfügung. Als Ersatz für die U6 wurde die Straßenbahnlinie 62 verlängert - sie wird bis auf weiteres auf der Route Lainz - Bahnhof Meidling und den U Bahn-Stationen Margaretengürtel - Westbahnhof - Burggasse geführt.
Am Vormittag musste auch die U2 zum Teil gesperrt werden. Sie ist seither nur zwischen Seestadt und Taborstraße unterwegs. Die am Donaukanal liegende Station Schottenring sowie die Station Schottentor/Universität werden nicht angefahren. Die Wiener Linien empfehlen, auf die Straßenbahnlinien 1 und 71 auszuweichen.
Dauerregen und Orkanböen fordern Berufsfeuerwehr
Der Dauerregen und teilweise orkanartiger Sturm forderten die Einsatzkräfte der Wiener Berufsfeuerwehr. Innerhalb der letzten Stunden wurden mehr als 1.100 Einsätze im Wiener Stadtgebiet absolviert. Gefährliche Situationen waren im Bereich des Wienflusses und des Liesingbachs zu beseitigen. Die eine Hälfte der Einsätze waren auf den Niederschlag, die andere auf den Sturm zurückzuführen. Umgestürzte Bäume und abgebrochene Äste mussten entfernt werden, Wassereintritte in Gebäude, Keller und Tiefgaragen waren zu bekämpfen.
"Insbesondere das Ansteigen der Pegel des Wienflusses bzw. des Liesingbaches sorgen weiterhin für Gefahren in diesem Bereich", teilte Feuerwehrsprecher Gerald Schimpf mit. Die Feuerwehr rechne auch weiterhin mit einem sehr hohen Einsatzaufkommen und habe zusätzliches Personal einberufen, sagte Schimpf. "Vermeiden Sie heute unnötige Fahrten bzw. Aufenthalte im Freien und halten Sie sich von hochwasserführenden Gewässern fern", appellierte er an die Vernunft der Wiener Bevölkerung.
Kaum mehr Spielraum: Situation beim Wienfluss äußert kritisch
Ein Sprecher der MA 45 (Wiener Gewässer) bestätigte der APA, dass die Situation beim Wienfluss im stadtäußeren Bereich kritisch ist. Man überwache die Lage und sei in ständigem Kontakt mit dem Krisenstab, um möglicherweise weitere Maßnahmen zu ergreifen, hieß es. Straßensperren werden nicht ausgeschlossen.
Spielraum gibt es laut MA 45 nur mehr wenig: Die Auffangbecken für den Wienfluss, die sich im Bereich Auhof befinden, sind schon fast voll, erläuterte der Sprecher. Sie sind dazu gedacht, Wassermassen aufzunehmen, die aus dem Umland Richtung Stadt fließen.
Ein- und Ausfahrt der Wiener Westautobahn ab sofort gesperrt
Aus Sicherheitsgründen wurden laut Stadt Wien nun die Ein- und Ausfahrt der Westautobahn im Bereich Hütteldorfer Brücke bis Deutschordenstraße bis auf Weiteres gesperrt. Autofahrer sollen Reisen in Fahrtrichtung Westen unterlassen, bis sich die Situation entspannt hat.
Unter Kontrolle ist laut dem Sprecher die Situation an der Donau bzw. an der Neuen Donau - die als Entlastungsgerinne fungiert - und am Donaukanal. An der Neuen Donau seien zwar Bereiche überflutet, dies sei aber bei Hochwasserereignissen so vorgesehen. Auch die Situation am Liesingbach im Süden der Stadt ist laut dem Sprecher vorerst noch nicht problematisch was den Pegelstand anbelangt.