Wien verordnet den städtischen Unternehmen strengere Spielregeln, wie Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr (NEOS) sowie Finanzstadtrat Peter Hanke (SPÖ) am Donnerstag erläutert haben.
Entworfen wurde ein "Public Corporate Governance Kodex", der den Rahmen für die Leitung bzw. Überwachung sämtlicher Beteiligungen regelt. Vorgesehen war die Erstellung eines derartigen Konzepts bereits im Regierungsprogramm. Die Causa Wien Energie verlieh dem Vorhaben jedoch zusätzlichen Schub.
"Public Corporate Governance Kodex" entworfen
Der Kodex regelt unter anderem die Bestellung von Aufsichtsräten und Geschäftsführern bzw. die Zusammensetzung der entsprechenden Gremien. Die laut Stadt großteils verpflichtenden Leitlinien sehen etwa vor, dass Aufsichtsratsmitglieder über die erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Erfahrungen verfügen sollen. Dazu werden Kompetenzprofile erstellt, die auch regelmäßig aktualisiert werden sollen. Zudem werden Cooling-Off-Phasen beim Wechsel von der Geschäftsführung in den Aufsichtsrat eingeführt.
Weiters ist festgehalten, dass der Frauenanteil in Aufsichtsräten von städtischen Unternehmen sukzessive bis Ende 2030 auf 50 Prozent erhöht werden soll. Auch ein Höchstalter wird eingeführt: Bei Vollendung des 70. Lebensjahrs scheidet man künftig automatisch aus dem Aufsichtsgremium aus.
Ausgearbeitet wurde zudem ein einheitliches Vergütungssystem für Geschäftsführungsorgane. Der Kodex sieht auch die Veröffentlichung der Bezüge vor. Erfolgen soll dies in eigenen "Corporate Public Governance Berichten", die erstmals 2026 zu erstellen sind.
Neue Regeln für zahlreiche Unternehmen
Insgesamt unterliegen rund 140 Unternehmen den neuen Regeln. Es sind dies etwa die Firmen der Wien Holding, die Wiener Stadtwerke - zu denen unter anderem die Wien Energie und die Wiener Linien gehören - oder Betriebe im Kulturbereich, also etwa das Schauspielhaus, die Festwochen, das Tanzquartier oder das Jüdische Museum. Nicht mit dabei sind städtische Einrichtungen wie Wiener Wohnen oder der Gesundheitsverbund, für die eigene Regeln gelten. Auch Beteiligungen bei Aktiengesellschaften - etwa jene am Flughafen Wien - sind nicht erfasst, da es hier ebenfalls gesonderte gesetzliche Bestimmungen gibt.
Der Kodex gilt für Firmen, an denen die Stadt allein oder mehrheitlich beteiligt ist. Dort wo dies nur mit einer Minderheit der Fall ist, soll seitens der Stadt bzw. der von ihr entsandten Organe so gut wie möglich auf die Umsetzung des Kodex hingewirkt werden, heißt es.
Wiens NEOS-Chef: "Wichtiger Punkt aus Regierungsprogramm"
"Es wird ein wichtiger Punkt aus dem Regierungsprogramm umgesetzt", hob NEOS-Chef Wiederkehr hervor. Die künftigen Berichte würden auch mehr Transparenz schaffen. Finanzstadtrat Hanke sprach ebenfalls von einem Meilenstein und kündigte die Beschlussfassung im Gemeinderat für den Oktober an. Erarbeitet wurde der Kodex unter anderem unter mithilfe von Susanne Kalss, Universitätsprofessorin für Unternehmensrecht an der Wiener Wirtschaftsuniversität. Sie strich hervor, dass durch die Maßnahme sowohl die Eigentümervertreter als auch die Öffentlichkeit besser informiert werden.
Nicht verhehlt wurde, dass die Geschehnisse rund um die Wien Energie vor zwei Jahren bei der Erstellung eine Rolle spielten. Der städtische Versorger musste damals mit Notkrediten unterstützt werden, da Sicherheitsleistungen für Börsengeschäfte in exorbitante Höhe kletterten. Vom Rechnungshof war daraufhin unter anderem beklagt worden, dass der Aufsichtsrat seine Überwachungsfunktion nicht umfassend wahrgenommen habe.
Urgiert wurde, künftig auf eine fachlich ausgewogene Zusammensetzung des Aufsichtsrats zu achten. "Ja, die Wien Energie hat auch hier hineingewirkt. Wir haben einen Lerneffekt mitgenommen", betonte Hanke heute.