Einlass und Einblick in spannende Bauwerke zu gewähren: Darum geht es beim Architektur-Festival Open House Wien.
Zum 10-Jahres-Jubiläum werden kommendes Wochenende insgesamt 55 Gebäude und Projekte in Wien und Umgebung geöffnet, die sonst den Blicken der breiten Öffentlichkeit verschlossen bleiben. Mit dabei sind auch zehn Publikumslieblinge unter den 600 Bauten, die in den vergangenen Jahren besucht werden konnten. Und das alles bei freiem Eintritt und ohne Anmeldung.
Ein Blick hinter die barocke Fassade lohnt sich zum Beispiel im Töpfelhaus in Wien-Penzing. Denn von außen fühlt man sich durch die gut erhaltene und für die Zeit typische, reich verzierte Front ins 18. Jahrhundert zurückversetzt, in dem das Haus auf den ursprünglich aus dem 15. Jhd. stammenden Grundmauern erbaut worden ist. Betritt man den Innenhof des stattlichen Bürgerhauses durch sein fast 300 Jahre altes Holztor, bekommt man ein Paradebeispiel dafür zu sehen, wie Denkmalschutz und nachhaltige Modernisierung unter einen Hut (beziehungsweise Dach) gebracht werden können.
Bauherr und Eigentümer Wolfgang Wainig begann 2021 gemeinsam mit Architekt Benedikt Frass (Chamäleon+Goldfisch ZT GmbH), das denkmalgeschützte Haus zukunftsfit zu machen. Im Zuge dessen wurde der Dachstuhl ausgebaut und das Haus mit einer zentralen Erdwärmepumpenlösung und Photovoltaikanlage versehen, wodurch der Ausstieg aus Gas gelungen ist. Gleichzeitig blieb der Charme des geschichtsträchtigen Hauses erhalten. So ist der historische und denkmalgeschützte Dachgiebel nun freigelegt und als Art funktionsfreies Mobiliar erhalten geblieben. Das von Brandspuren und Kerben gezeichnete Holz ist dabei gekonnt in Szene gesetzt, um visuell die jahrhundertealte Geschichte des Hauses zu erzählen. Noch mehr über das Töpfelhaus kann man nächsten Samstag und Sonntag bei den Führungen im Zuge des Open House Festivals hören.
Dieses Jahr setzt das Architekturfestival drei Themenschwerpunkte, die sich alle in der Frage Nachhaltigkeit und Innovation einigen. So widmet man sich unter anderem der Holzbauweise, die im HoHo Wien in der Seestadt Aspern näher unter die Lupe genommen werden kann. Das Hochhaus galt mit 84 Metern lange Zeit als das höchste Holz-Hybrid-Gebäude der Welt und somit für diese Bauart wegweisend. Darüber hinaus stehen heuer auch ehemalige Betriebsstätten im Fokus und wie man diese zukünftig nutzen kann. Exemplarisch ist hierfür die stillgelegte Ankerbrotfabrik, die als "Zukunfts-Anker" weiter zum Kultur- und Kreativhotspot ausgebaut werden soll.
Anlässlich des Jubiläums sollen dieses Jahr auch ganz neue Wege eingeschlagen werden: "Nach 10 Jahren möchte sich das Festival selbst auch für Neues öffnen, weshalb erstmalig auch Freiräume und Initiativen der Stadtbewohner und -bewohnerinnen gezeigt werden", sagte Christine Lechner, eine der beiden Festivalleiterinnen, am Mittwoch bei einem Pressegespräch. Darunter fällt etwa die temporäre Begrünung des Museumsquartiers oder die Aktivitäten des Schwimmvereins Donaukanal. Angesichts der Wettervorhersage für kommendes Wochenende hofft man aber, dass diese Pläne nicht ins Wasser fallen.
Unter den zehn ausgewählten Publikumslieblingen der vergangenen Jahre ist übrigens auch die Universitätsbibliothek Wien am Schottenring mit ihrem wunderschönen Großen Lesesaal. Heuer gibt es noch einen weiteren Grund, sich diesen anzusehen: Wegen anstehenden Umbauarbeiten bleibt er ab 23. September für voraussichtlich mehrere Monate geschlossen.