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16-Jähriger in Wien niedergestochen: 21-jähriger verurteilt

5-09-2024, 16:47

Am Donnerstag ist ein 21-jähriger Syrer am Landesgericht nach einem Messerangriff auf einen 16 Jahre alten Burschen zu dreieinhalb Jahren unbedingter Haft verurteilt worden.

Er hatte am 2. April 2024 dem gebürtigen Iraker nach einem AMS-Kurs in einem Bildungszentrum in Wien-Leopoldstadt mit einem Klappmesser in den Kopf gestochen und Schnittwunden am Hals und am Oberkörper beigebracht. Der Jugendliche habe seine Schwester "beleidigt", behauptete der Angeklagte.

"Ich war dabei, als er sie belästigt hat. Er hat unschöne Sachen gesagt", hatte der 21-Jährige beim Verhandlungsauftakt Ende Juli erklärt. An den genauen Wortlaut könne er sich nicht mehr erinnern. Es seien jedoch "eindeutig Worte, die beleidigend waren," gewesen. Er habe den Burschen deshalb zur Rede stellen wollen, dabei sei es zu einer Auseinandersetzung gekommen. Mehrere Männer hätten ihn umringt. Er habe sich bedroht gefühlt. Da habe er "ein kleines Messer" gezogen und "herumgefuchtelt". Es sei nicht seine Absicht gewesen, jemanden zu verletzen: "Ich habe Angst gehabt. Ich wurde angegriffen von mehreren Leuten. Als ich gesehen habe, dass ich geblutet habe, habe ich das Messer benutzt. Ich habe das gemacht, um mich zu verteidigen."

Schöffensenat schenkte Notwehr-Version keinen Glauben

Ein Schöffensenat (Vorsitz: Stefan Erdei) schenkte der Notwehr-Version jedoch keinen Glauben. Vielmehr habe man sich während der Beratung den Kopf darüber zerbrochen, "ob nicht eventuell ein Mordversuch in Betracht kommt", stellte der Vorsitzende nun in der Urteilsbegründung klar. Letzten Endes habe es "keine ausreichenden Verdachtsmomente" gegeben, um dem Angeklagten einen bedingten Tötungsvorsatz zu unterstellen: "Es waren aber immerhin zwei Stich- und drei Schnittverletzungen, davon ein Schnitt über den Kehlkopf. Es ist ihm ganz offensichtlich darauf angekommen, dem Opfer eine schwere Verletzung zuzufügen."

Der Schuldspruch wegen absichtlicher schwerer Körperverletzung ist nicht rechtskräftig. Der 21-Jährige bat um Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.

Augenzeuge nahm Gewalttat mit Smartphone auf

Ein Augenzeuge hatte die Gewalttat mit seinem Smartphone aufgenommen. Auf dem Video, das im Verhandlungssaal abgespielt wurde, war zu sehen, wie der Angeklagte auf den 16-Jährigen zusteuert, als dieser die Bildungseinrichtung verlässt. Es kommt zu einem Wortgefecht und kurzen Handgreiflichkeiten, dann weicht der 16-Jährige zurück und versucht offensichtlich einer Eskalation aus dem Weg zu gehen. Der Angeklagte folgt ihm, schwingt regelrecht das Messer, mehrere Personen - darunter ein Lehrer der Bildungseinrichtung - versuchen ihn vergeblich zurückzuhalten.

Der 16-Jährige erlitt eine Stichwunde am Kopf, die eine Knochenabsplitterung an der äußeren Knochentafel des Schädeldaches bewirkte, zwei Schnittwunden in der Oberbauch- und Rippenregion sowie eine lange horizontale Schnittverletzung auf Höhe des Kehlkopfes und eine Stichverletzung zwischen Kopfwendermuskel und Kehlkopf. Er hatte gemeinsam mit der jüngeren Schwester des Angeklagten einen Englisch-Kurs besucht. Die Pause wollten die beiden gemeinsam verbringen, wobei sie in der Aula vom 21-Jährigen gesehen wurde, der an jenem Tag eine Info-Veranstaltung im Bildungszentrum besuchen wollte. Der Angeklagte dürfte deren Unterhaltung mitbekommen und Worte des 16-Jährigen missinterpretiert haben. Obwohl die Schwester ihm erklärte, dass es sich um ein Missverständnis gehandelt hatte, passte der 21-Jährige den 16-Jährigen dann draußen vor der Bildungseinrichtung ab.

(APA/Red)

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