Ein 59-jähriger Pole wurde am Dienstag vom Wiener Landesgericht zu vier Jahren Haft verurteilt, nachdem er seiner Ex-Freundin am 21. März einen Messerstich in die Lenden zugefügt hatte. Die Geschworenen entschieden einstimmig gegen den Vorwurf des versuchten Mordes und befanden ihn wegen versuchter schwerer Körperverletzung für schuldig. Das Urteil ist rechtskräftig.
Im Jahr 2020 lernte der damals 59 Jahre alte Mann in seinem Heimatland eine drei Jahre jüngere Frau kennen, die 2022 zu ihm nach Wien zog. Ein Jahr darauf hatte sie genug von dem alkoholaffinen Herrn, der Wodka in großen Mengen konsumierte und daraufhin aggressiv auftrat, wie die 56-jährige Frau vor dem Schwurgericht unter Eid aussagte.
Ihren Angaben zufolge bedrohte sie der Angeklagte erstmals in Oktober 2023 mit dem Tod, als sie sich nicht mehr zu ihm ins Bett legen wollte. Er soll ihr dabei ein Messer gegen den Unterleib gedrückt haben, um seine Drohung zu untermauern. Sie erklärte darauf die Beziehung für beendet, blieb jedoch gemeinsam mit ihrem 18 Jahre alten Sohn aus einer vorangegangenen Beziehung in der Wohnung des 59-Jährigen, weil sie vorerst keine andere Bleibe fand.
Anfang März gab es dann einen weiteren Polizeieinsatz, nachdem es erneut zu Gewalttätigkeiten gekommen war. Der 59-Jährige wurde von der Polizei weggewiesen, die Frau erwirkte in weiterer Folge ein Annäherungs- und Betretungsverbot. Am 21. März wurde dem Mann von der Polizei eine Einstweilige Verfügung in die Hand gedrückt, die sich die 56-Jährige bei Gericht besorgt hatte. Er musste die Wohnung verlassen.
Eine Stunde später kam er allerdings wieder zurück, um - wie er dem Schwurgericht darlegte - das Gespräch zu suchen. Weshalb er ihr - laut Anklage mit den Worten "Du Hure, jetzt ist mir alles egal" - das Messer in die Seite gestoßen habe, könne er nicht mehr sagen. Er habe einen "Filmriss" aufgrund des zuvor konsumierten Alkohol, machte der Angeklagte geltend. Nach seiner Festnahme hatte der Mann auf die Frage nach dem Motiv angegeben: "Das ist kompliziert." Nach Darstellung der 56-Jährigen wollte der Angeklagte ein zweites Mal zustechen, wurde daran aber von ihrem Sohn gehindert, der ihr zu Hilfe kam. Die beiden konnten dem Angreifer das Messer entwinden und die Polizei alarmieren.
"Sie hat sehr viel Glück gehabt. Sie war nicht ein Mal schwer verletzt", stellte die Staatsanwältin fest. Die Klinge sei ins Fettgewebe eingedrungen, habe aber keine Organe oder Blutgefäße beschädigt. Dessen ungeachtet beharrte die Anklägerin auf dem inkriminierten Tötungsvorsatz: wer jemandem ein Messer kräftig in die Leiste steche, nehme das Ableben der verletzten Person zumindest billigend in Kauf. Die Geschworenen sahen das anders. Sie kamen zum Schluss, dass auch kein bedingter Tötungsvorsatz gegeben war. Mit dem Urteil waren sowohl der Angeklagte als auch der Verteidiger einverstanden.