Am Dienstag ist in Wien eine Gedenktafel zu Ehren des Widerstandskämpfers Carl Szokoll enthüllt worden.
Die Tafel erinnert an den "Retter Wiens": Szokoll versuchte 1945 mit der "Operation Radetzky" eine kampflose Übergabe Wiens an die Rote Armee. Beteiligt war er zuvor 1944 auch an der - gescheiterten - "Operation Walküre", die neben dem Attentat auf Adolf Hitler auch die Übernahme über den NS-Machtapparat zum Ziel hatte.
Gedenktafel für Widerstandskämpfer Szokoll in Wien
Angebracht wurde die Tafel an der Fassade des ehemaligen "Kriegsministeriums", das heute als Regierungsgebäude dient (Sitz von Sozial- und Gesundheitsministerium sowie Wirtschafts- und Landwirtschaftsministerium). Die Enthüllung der Tafel erfolgte anlässlich des 80. Jahrestags der "Operation Walküre" und des 20. Todestags Szokolls.
Gewürdigt wurde das Wirken Szokolls von den Vertretern der Republik: Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) sagte, es habe viel zu lange gedauert, dass Österreich seine Geschichte aufgearbeitet habe. Gewandt an den anwesenden Sohn Szokolls sagte der Präsident: "Es ist nie zu spät, ihrem Vater ein Gedenken zu bereiten." Und es gelte auch, zu überlegen, was sein Wirken heute bedeutet. Es habe lange gedauert, "bis es Menschen in diesem Land begriffen haben, was er für dieses Land überhaupt bedeutet hat". Im Nachkriegs-Österreich sei es nicht selbstverständlich gewesen, den militärischen Widerstand als Teil des Befreiungskampfes Österreichs zu sehen, betonte Sobotka.
"Die Republik hat lange gebraucht, ihn zu ehren" und es sei sein Auftrag, "Unrecht, wo immer es passiert, auch zu benennen", spannte der Präsident einen Bogen zur heutigen Zeit: "Es nützt uns nichts, wenn wir gedenken, aber zu Unrechtsregimen schweigen", verwies er etwa auf den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine sowie auf die Geiselnahme von Israelis durch die Terrororganisation Hamas.
Wirken von Carl Szokoll wurde gewürdigt
Wirtschaftsminister Martin Kocher (ÖVP) sagte, es gelte, ein bewusstes Zeichen "gegen das Vergessen, für Demokratie und Freiheit" zu setzen. Sozialminister Johannes Rauch (Grüne) betonte, die Gedenktafeln "mahnen uns heute, für unsere Werte einzustehen, für Demokratie und Freiheit und gegen jede Form von Extremismus und Gewalt." Ähnlich äußerte sich Landwirtschaftsminister Norbert Totschnig (ÖVP): Szokolls Mut und Engagement hätten "wesentlich dazu beigetragen, die Weichen für ein freies Österreich zu stellen".
Carl Szokoll (1915 - 2004) war Berufssoldat des Bundesheeres der Ersten Republik und 1944 Major der deutschen Wehrmacht. Nach einer Verwundung in Frankreich im Kampf gegen die Resistance kam er als Ordonnanzoffizier zum Stellvertretenden Generalkommando des XVII. Armeekorps in Wien. In dieser Zeit wuchsen seine Zweifel am Hitler-Regime. Szokoll war von Robert Bernardis über die "Operation Walküre" informiert worden. Das Attentat vom 20. Juli 1944, bei dem er Claus Graf Schenk von Stauffenbergs Verbindungsmann in Wien war, scheiterte. Szokoll blieb unerkannt.
Angesichts der sich nähernden Roten Armee plante Szokoll dann 1945 mit anderen Österreichern im Wehrkreiskommando die nächste Widerstandsaktion, genannt Operation "Radetzky" - die kampflose Übergabe Wiens an die Sowjets. Die Vorschläge wurden von den Sowjets angenommen, die Aktion wurde in Wien aber verraten. Seine Mitverschwörer Major Karl Biedermann, Hauptmann Alfred Huth und Oberleutnant Rudolf Raschke wurden am Floridsdorfer Spitz aufgehängt, Szokoll konnte zu den Sowjets fliehen. Nach dem Krieg wurde er Filmproduzent, arbeitete an den "Bockerer"-Filmen mit und hielt Vorträge zu "Walküre" und "Radetzky".