Mit der neuen Bauordnungsnovelle folgt Wien anderen beliebten europäischen Städten in dem Vorhaben, den stark umkämpften Wohnungsmarkt zu regulieren und den Lebensraum der Einwohner zu schützen. Wie etwa in Barcelona, Berlin oder Paris, hat die Gesetzesänderung das Ziel, touristische Kurzzeitvermietungen strenger zu regulieren und so dem Wohnungsmangel in stark nachgefragten Gebieten entgegenzuwirken. Private und gewerbliche Vermieter, die Wohnungen an Touristen vermieten, müssen nun einiges ändern.
Ab dem 1. Juli 2024 müssen Wohnungseigentümer, die ihre Immobilien weiterhin mehr als 90 Tage im Jahr an Touristen vermieten möchten, eine spezielle Genehmigung einholen. Um eine touristische Vermietung handelt es sich bei einem Aufenthalt von weniger als 30 Tagen. Diese Genehmigung kann nur beantragt werden, wenn das Wohngebäude ohne Wohnbauförderung errichtet wurde und sich nicht in einem reinen Wohngebiet befindet. Zudem ist die schriftliche Zustimmung aller Miteigentümer des Gebäudes erforderlich. Ein weiteres entscheidendes Kriterium ist, dass maximal 50 Prozent der Wohnungen in einem Gebäude für Kurzzeitvermietungen genutzt werden dürfen. Die Genehmigung wird für maximal fünf Jahre erteilt und betrifft vor allem Vermieter, die ein ganzes Gebäude besitzen.
Mangel an Wohnungen in touristischen Gebieten
Der Wiener Wohnungsmarkt steht unter enormem Druck, bezahlbaren Wohnraum für die lokale Bevölkerung zu sichern. "Eigentümer haben in den vergangenen Jahren vermehrt ihre Wohnungen kurzfristig an Touristen vermietet, da dies oft höhere Einnahmen verspricht", erklärt Jan Hase, Co-Gründer und CEO der Wohnungsplattform Wunderflats. Dies habe zu einem Mangel an verfügbarem Wohnraum und steigenden Mieten, besonders in touristischen Gebieten, geführt. Mit der neuen Regelung wird der Anreiz, Wohnungen kurzfristig zu vermieten, deutlich reduziert. Dadurch sollen mehr Wohnungen wieder für die langfristige Vermietung zur Verfügung stehen und die Mietpreise stabilisiert werden. Die neue Bauordnung setze laut Hase zudem klare Vorgaben: Wohnungen, die für Kurzzeitvermietungen genutzt werden, müssen bestimmten Kriterien entsprechen und können nicht willkürlich dem Wohnungsmarkt entzogen werden.
Wie können Vermieter reagieren?
Eine Möglichkeit, die Vermietern nun bleibt, ist der Umstieg auf mittelfristige Vermietungen. Diese werden durch die neue Regelung wesentlich lukrativer. Diese Art der Vermietung, die in der Regel für Zeiträume von einem Monat bis zu mehreren Monaten abgeschlossen wird, gilt somit nicht als touristische Vermietung. "Für Mieter wie Geschäftsreisende, Studenten, Fachkräfte aus dem Ausland und Personen in Übergangsphasen stellt sie eine flexible Wohnlösung dar, die weniger häufige Umzüge erfordert. Vermieter profitieren von stabilen Mieteinnahmen und geringerem Verwaltungsaufwand im Vergleich zur Kurzzeitvermietung, da nur ein bis drei Mieterwechsel pro Jahr erforderlich sind", so Hase. Angesichts der neuen Regulierungen, die Kurzzeitvermietungen einschränken, und der größeren Verfügbarkeit von mittelfristiger Vermietung könnte sich dieses Geschäftsmodell langfristig durchsetzen. Um den wachsenden Bedarf - auch aufgrund der zunehmenden Zahl von "Digital Nomads" - zu decken, entwickeln sich die Angebote stetig weiter. Plattformen wie bieten künftig nicht nur möblierte Apartments, sondern auch Zimmer und Gemeinschaftsräume an. Zusätzliche Dienstleistungen wie professionelle Fotoshootings, Beratung von Experten zur Optimierung von Wohnungsinseraten oder ein Concierge-Service, der Reinigungs- und Wartungsarbeiten umfasst, sollen die Erfahrung für Vermieter und Mieter weiter verbessern.
Kurzzeitvermietung: Eine europäische Herausforderung
Ähnliche Maßnahmen wurden bereits in anderen europäischen Städten umgesetzt. In Barcelona wurden Kurzzeitvermietungen privater Zimmer ab 2021 verboten, während Palma touristische Vermietungen in Apartmentgebäuden komplett untersagt hat. London beschränkt Kurzzeitvermietungen auf maximal 90 Nächte pro Jahr ohne spezielle Genehmigung, und Schottland verlangt eine Lizenz für solche Vermietungen.
"Diese Beispiele zeigen, dass viele Städte ähnliche Schritte unternehmen, um den traditionellen Wohnungsmarkt zu schützen und die Lebensqualität der Einwohner zu verbessern", so Hase. Insgesamt biete die Bauordnungsnovelle 2023 große Chancen und eröffnet neue Möglichkeiten, den Wohnungsmarkt in Wien gerechter zu gestalten. Indem Wohnungen dem traditionellen Mietmarkt zurückgeführt und die Mietpreise stabilisiert werden, können sowohl Mieter als auch Vermieter von einer ausgeglichenen Wohnraumverteilung profitieren.