Am Mittwoch wurde vor dem Landesgericht Wien ein Cyber-Grooming-Fall behandelt, bei dem minderjährige Opfer im Internet manipuliert werden, um sexuelle Übergriffe zu begehen. Ein 19-Jähriger übte Druck auf eine 15-Jährige über den Nachrichtendienst Snapchat aus und zwang sie zur Sendung mehrerer Videos, in denen sie sexuelle Handlungen an sich selbst vornahm.
Der Auszubildende zum Koch lernte das Mädchen letzten November im Internet kennen. Anfangs hatte er ein harmloses Gespräch mit ihr, das damit endete, dass er sie um ein Bild ihres nackten Oberkörpers bat. Nach der Anklageschrift hat das Mädchen ihm ein solches Bild freiwillig zugeschickt. Daraufhin nutzte der junge Mann diese Situation, um Druck auszuüben.
19-Jähriger nötigte 15-Jährige zur Übermittlung von Sex-Videos
Am nächsten Tag forderte er weitere Fotos. Als die 15-Jährige sich weigerte, drohte er ihr mit der Veröffentlichung des ersten Bildes sowie ihrer Handy-Nummer und Wohnanschrift. "Er ist recht aggressiv vorgegangen. Sie hat sich dem Druck gebeugt", schilderte die Staatsanwältin. In weiterer Folge brachte der Bursch die 15-Jährige dazu, dass sie mehrere Sex-Videos anfertigte und ihm diese zukommen ließ.
Nach einigen Tagen vertraute sich die verzweifelte 15-Jährige einer Freundin an. Diese überzeugte sie, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten. Bei den polizeilichen Ermittlungen kooperierte Snapchat mit den Strafverfolgungsbehörden, so dass ein 19 Jahre alter Kochlehrling als Tatverdächtiger ausgeforscht und zur Anklage gebracht werden konnte.
Geständnis bei Cyber-Grooming-Prozess in Wien
Im staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren hatte der 19-Jährige die Täterschaft bestritten und versichert, er sei Opfer einer Verwechslung. Vor einem Schöffensenat legte er nun allerdings ein Geständnis ab. "Er weiß nicht genau, warum er das gemacht hat", sagte seine Verteidigerin. Ihrem Mandanten sei die Sache "sehr unangenehm".
Vor der Beschuldigteneinvernahme wurde auf Antrag des Rechtsvertreters der 15-Jährigen die Öffentlichkeit ausgeschlossen. Die Verhandlung musste während der Befragung des Angeklagten dann in einen anderen Saal verlegt werden, da im ursprünglichen Verhandlungssaal aufgrund der Bauarbeiten - das Landesgericht wird derzeit bei laufendem Betrieb einer Bestandssanierung unterzogen - kaum ein Wort zu verstehen war.
Cyber-Grooming-Prozess: Sechs Monate Haft auf Bewährung
Bei der Urteilsverkündung war die Öffentlichkeit wieder zugelassen. Der 19-Jährige kam im Hinblick auf seine bisherige Unbescholtenheit und seine geständige Verantwortung mit einer Bewährungsstrafe von sechs Monaten davon. Dem Mädchen muss er binnen 14 Tagen eine finanzielle Wiedergutmachung in Höhe von 1.500 Euro überweisen, womit er sich ausdrücklich einverstanden erklärte. Außerdem wurde Bewährungshilfe angeordnet und ihm die Weisung erteilt, sich in psychotherapeutische Behandlung zu begeben. Der Lehrling war mit dem Urteil eben so einverstanden wie die Staatsanwältin.