Experten der Arbeiterkammer (AK) Wien kritisierten am Dienstag: Die österreichische Klimapolitik ist von "Strategielosigkeit geprägt, findet mit erhobenem Zeigefinger statt und betont Verzicht".
Dem stellen sie einen Plan für sozialen und ökologischen Umbau "von unten" gegenüber. Er beinhalte hunderte konkrete Maßnahmen für effektiven, sozial gerechten Klimaschutz, zeige dessen Vorteile und ein positives Bild der damit "realisierbaren Zukunft".
"Der Umbauplan umfasst alle Bereiche, die für Menschen relevant sind, die ihren Lebensunterhalt mit Erwerbsarbeit bestreiten", sagte Sybille Pirklbauer von der Abteilung für Sozialpolitik der AK Wien. Für die vier Millionen Menschen, deren Interessen die Arbeiterkammer vertritt, sei - ein sozial gerechter - Klimaschutz laut vielen Umfragen ein zentrales Anliegen.
Vorgelegtes Werk umfasst knapp 200 Seiten
"Es gibt kaum etwas Ungerechteres auf der Welt, als die Auswirkungen der Klimakrise und wie sie ausgelöst werden", erklärte Lukas Oberndorfer von der Abteilung Klima, Umwelt und Verkehr der AK. Das reichste Prozent der Weltbevölkerung verursache doppelt so viel Emissionen wie die ärmste Hälfte, die noch dazu am meisten darunter leidet. Menschen mit niedrigerem Einkommen würden zum Beispiel finanzielle Verluste durch Klimaschutz nicht so einfach hinnehmen, wenn nicht "die Reichen" verstärkt zur Kasse gebeten werden. Mit den derzeitigen Maßnahmen lasse sich keine breite Mehrheit für die nötigen großen Veränderungen gewinnen, so Pirklbauer: "Es ist aber klar, dass sich vieles ändern muss, nämlich unsere gesamte Wirtschafts- und Lebensweise."
Das vorgelegte Werk umfasst knapp 200 Seiten und wurde von 40 Experten verfasst. Es soll den Menschen durch "aktive, vorausschauende Planung" mehr Sicherheit geben, als die derzeitige Klimapolitik, die teils von "absoluter Strategielosigkeit" geprägt ist, erklärte Oberndorfer. Als "Werkzeuge für den Umbau" nennen die Experten in dem Umbauplan etwa öffentliche Investitionen. Sie fordern ein Rechtsanspruch auf Bildungsmaßnahmen inklusive "Existenzsicherung während einer beruflichen Umorientierung" aus Steuermitteln. Die Vermittlung des Arbeitsmarktservice (AMS) solle "klimarelevante Aus- und Weiterbildungen" schnellen Jobvermittlungen gleichstellen. Wer aufgrund der Dekarbonisierung seinen Arbeitsplatz verliert, müsse garantiert eine gleichwertige Stelle bekommen, optimalerweise einen klimafreundlichen "Green Job".
"Berufe des Kümmerns und Versorgens" gehören aufgewertet
"Berufe des Kümmerns und Versorgens" in Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern und Pflegeheimen gehörten aufgewertet, meinten die Experten weiter. Jeder Mensch sei im Laufe seines Lebens mehrfach auf solche sozialen Dienstleistungen angewiesen. "Dieser Bedeutung werden Bezahlung und Arbeitsbedingungen aber nicht gerecht", schrieben sie: "Eher drohen Budgetkürzungen oder Privatisierungen, die ohnehin belastete Lage der Beschäftigten weiter zu verschlechtern".
Auch das Arbeitsrecht müsse "klimafit" gemacht werden, sagte Pirklbauer. So sollten etwa im Freien arbeitende Menschen ab 30 Grad bezahlt hitzefrei bekommen und Arbeitszeit an kühlere Tage verlegen dürfen. In der Landwirtschaft wünschen sich die Experten etwa eine Umverteilung der Fördergelder von Groß- auf Kleinbetriebe. Eine umfassende Bodenstrategie müsse den exorbitanten Bodenverbrauch in Österreich senken.