Unter Ausschluss der Medienöffentlichkeit ist EVP-Spitzenkandidatin Ursula von der Leyen am Freitag im Rahmen ihrer EU-Tour zum Finale des Europawahlkampfs nach Österreich gekommen.
Auf dem Programm stand ein Gespräch der amtierenden EU-Kommissionspräsidentin mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) in Wien, in dem es um die nächste EU-Kommission gehen soll. Am Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg traf sie Forscher und Vertreter von Start-ups.
Von der Leyen bedankte sich für Einladung nach Österreich vor EU-Wahl
Die EVP-Spitzenkandidatin besichtigte zunächst gemeinsam mit Wissenschaftsminister Martin Polaschek (ÖVP) die Forschungseinrichtungen. Außerdem gab es ein Treffen mit ÖVP-Spitzenkandidat Reinhold Lopatka und mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP). Brunner gilt ÖVP-intern als möglicher Kandidat für den österreichischen EU-Kommissar, ebenso wie Europaministerin Karoline Edtstadler und Außenminister Alexander Schallenberg (beide ÖVP).
Auf X (ehemals Twitter) bedankte sich von der Leyen bei Brunner, Polaschek und Lopatka für die Einladung nach Österreich. "Noch zwei Tage bis zur Europawahl", schrieb sie. Die Volkspartei stehe "für ein starkes Österreich in einem starken Europa. Das wollen wir bewahren. Und darauf wollen wir aufbauen." Vom ISTA zeigte sich die EVP-Spitzenkandidatin beeindruckt. "Hier können Sie sehen, wie sich die Zukunft anbahnt." Das Institut bringe Wissenschafter aus allen Teilen der Welt zusammen und schaffe entscheidende Verbindungen zwischen exzellenter Forschung, der Gesellschaft und der Wirtschaft.
"Forschung und Entwicklung sowie die Mobilisierung von Wachstumskapital sind entscheidend für die zukünftige Wettbewerbsfähigkeit", schrieb Brunner, der von der Leyen für den Besuch dankte, auf X. Die EVP stehe wie keine andere Partei für ein wirtschaftlich starkes Europa.
Zusammensetzung der künftigen Kommission mit Kanzler besprochen
Von der Leyen postete nach dem Treffen mit dem Kanzler auf X ein Bild, das sie und Nehammer gemeinsam vor dem Stephansdom zeigte. "Sehr gutes Wiedersehen mit @karlnehammer", schrieb sie. "Wir haben über die politische Lage in Europa und Österreich vor den wichtigen Wahlen am Sonntag gesprochen. Wir wollen beide ein starkes Europa, das sich um die großen Themen kümmert und konkrete Lösungen für unsere Bürger liefert." Nehammer bedankte sich ebenfalls für den Besuch und "die vertrauensvollen Gespräche. Wir arbeiten gemeinsam daran, Europa besser zu machen", schrieb der Bundeskanzler auf X.
Laut Insidern wollte von der Leyen mit Nehammer die Ausrichtung und Zusammensetzung der künftigen Kommission besprechen. Dabei sollten mögliche Ressorts für Kandidaten aus Österreich sondiert werden. Die deutsche CDU-Politikerin von der Leyen strebt eine zweite Amtszeit an der Spitze der EU-Kommission an. Derzeit ist allerdings fraglich, ob sie nach der Europawahl auf ausrechende Unterstützung unter den EU-Staaten und im EU-Parlament zählen kann. In Österreich wird wie in den meisten EU-Ländern am Sonntag gewählt.
Eine erste Weichenstellung nach der Europawahl soll bei einem informellen Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs am 17. Juni in Brüssel erfolgen. Bei einem regulären Gipfel am 27./28. Juni soll dann ein Personalpaket für die künftige Führung der EU beschlossen werden. Entschieden werden müssen neben einem Vorschlag zur Besetzung der EU-Kommissionsspitze auch die Posten für den EU-Ratspräsidenten (derzeit Charles Michel) und den EU-Außenbeauftragten (derzeit Josep Borrell). Die EU-Kommission und ihr Präsident bzw. ihre Präsidentin müssen vom EU-Parlament gewählt werden, ebenso der EU-Parlamentschef.
FPÖ-Spitzenkandidat Vilimsky über "EU-Bonzen" empört
Als "Provokation der Sonderklasse und Missachtung der Wählerinnen und Wähler" bezeichnete der FPÖ-Spitzenkandidat für die Harald Vilimsky, die kolportierten Gespräche von der Leyens mit Nehammer. "Bereits vor dem Wahltag betreiben die EU-Bonzen üblen Postenschacher und mauscheln sich im Hinterzimmer aus, wer künftig welchen EU-Kommissar erhalten soll", kritisierte Vilimsky in einer Aussendung.
Von der Leyen kommt aus Lissabon, sie reist am Nachmittag in Richtung München weiter, wo sie am Freitagabend an einer Abschlusskundgebung der CDU/CSU teilnimmt. Am Wahlabend am Sonntag werden von der Leyen und EVP-Chef Manfred Weber in Brüssel sein.