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Wolves In The Throne Room beeindruckten in der Wiener Arena

22-05-2024, 12:08

Die US-amerikanische Black-Metal-Band Wolves In The Throne Room heizte am Dienstagabend in der Wiener Arena ein.

Draußen vom Wald, da kommen sie her: Ihre Verbindung zur Natur trägt die US-amerikanische Black-Metal-Band Wolves In The Throne Room wie ein hell leuchtendes Abzeichen. Abseits davon stellte das Quartett Dienstagabend in der Wiener Arena auch seine musikalischen Fähigkeiten eindrucksvoll unter Beweis. Seit mehr als 20 Jahren gilt eben: Was Wind, Regen und reichlich Räucherware verbunden haben, soll der Musikfan nicht trennen.

Es ist ein eigentümliches Ritual, das sich bei jedem Europabesuch des im Kern aus dem Brüdern Nathan (Gesang, Gitarre) und Aaron Weaver (Schlagzeug) bestehenden Gespanns auf der Bühne Bahn bricht: Von reichlich Kerzenschein begleitet und durch den intensiven Geruch von Weihrauch und Salbei noch zusätzlich verstärkt, setzt die aus Olympia (Washington) stammende Gruppe, zu der auch Gitarrist Kody Keyworth sowie Livebassist Galen Baudhuin gehören, ihre ganz eigene Definition von Black Metal um. Die klingt zwar bitterböse, ist aber im Grundgedanken einer naturgegebenen Dankbarkeit verpflichtet.

Wolves In The Throne Room in Wien

Das wurde auch diesmal deutlich, als zunächst zwei Nummern der aktuellen EP "Crypt of Ancestral Knowledge" mit etlichen Volten und Dynamikwechseln den Takt vorgaben. Glühende Riffs trafen hier auf atmosphärische Zwischenspiele, während Nathan Gift und Galle spuckte. Es geht aber auch anders, wie das Ambientstück "Crown of Stone" später im Set deutlich machte. "Eine EP ist wie eine Brücke zwischen zwei Alben", beschrieb Drummer Aaron Weaver vor dem Gig im APA-Gespräch den Anspruch der aktuellen Songs. "Als ob du einmal tief durchatmen würdest. Wir hatten Platz für alle Sachen, die wir bisher gemacht haben, haben daraus gelernt und sind in diesen Genres gewachsen."

Kein Wunder, sind Wolves In The Throne Room doch nicht nur für wütende Rifforgien bekannt, sondern haben sich auch in ruhigeren Gewässern als wahre Könner bewiesen. Der aktuelle Europaabstecher soll aber allen voran die Fans zufrieden stimmen, immerhin wurden die vorab via Social Media nach Livefavoriten befragt. "Das hat uns sehr geholfen", so Aaron. "Manchmal isolierst du dich zu sehr in deinen eigenen Gedanken und Erfahrungen. Da ist es gut zu wissen, wie andere Leute deine Musik wahrnehmen und was den Fans wichtig ist. Wir empfinden einfach großen Respekt und Dankbarkeit dafür, dass wir das immer noch machen können und so unser Leben gestalten dürfen."

Apropos gestalten: Da hat sich einiges getan bei den Wölfen, ist doch ihre Abneigung gegen künstliches Licht mittlerweile zumindest soweit abgeschwächt, dass man live eine gesunde Mischung aus Kerzen und Rauchwolken in Verbindung mit pointiert eingesetzten Scheinwerfern wahrnehmen konnte. Dafür waren die Mikrofonständer ansprechend mit grünem Gewächs behangen, während die vier Musiker selbst in teils mönchisch anmutenenden Kuten ihr Nachtwerk vollbrachten. Ein stimmiges Bild.

Verbundenheit zu Wäldern und Bergen

Bei all der Verbundenheit zu Wäldern und Bergen stellt sich natürlich die Frage, wie es die mit allerlei mythologischen Versatzstücken arbeitende Band mit der Klimakrise hält? In ihrer Kunst bleibt die jedenfalls außen vor. "Es war für mich eigentlich nie Thema", fand Aaron Weaver eine deutliche Antwort. "Mein Zugang zur Natur ist eher, einfach zuzuhören. Ich gehe hinaus und höre genau hin. Das beruhigt meinen Geist und führt direkt zu meinem Herzen. Alles, was zu spezifisch oder gar politisch darauf Bezug nimmt, hat in dieser Hinsicht keinen Platz. Die Natur ist letztlich viel größer als all das, umfasst ganze Epochen und weist gleichzeitig bis ins kleinste Detail."

Letztlich braucht es wohl auch kein realpolitisches Statement einer Band, die ganz offensichtlich mit ihrem Verhältnis zu Flora und Fauna im Reinen ist. Der klimakritische Zeigefinger wäre zwischen Waldgeistern und brachialen Gitarrenwänden auch eher fehl am Platz, ist ihre Stoßrichtung in dieser Diskussion doch deutlich erkennbar. Stattdessen durfte sich das Arena-Publikum in die unbarmherzigen Härte von "Vastness and Sorrow" fallen lassen, bei "Crystal Ammunition" die verschiedensten Gräben einer erdbezogenen Dunkelheit erkunden und im Set beschließenden "Queen of the Borrowed Light" - so ganz nebenbei das älteste Stück des Abends - ein Prog-Gewitter sondergleichen erleben.

Es verwundert wohl kaum, wenn Aaron Weaver als eine seiner zentralen Ausgleichsübungen Meditation angibt. "Vor einigen Jahren ging es mir noch um bestimmte Herangehensweisen, habe ich mich genau mit einzelnen Traditionen und Anleitungen auseinandergesetzt", erklärte der Musiker. "Das ist sicher ein guter Einstieg in diese Welt. Aber mittlerweile habe ich realisiert, dass es für mich viel einfacher geht. Je geringer die Komplexität, desto kleiner die Hürden für deinen Geist. Für mich geht es einfach darum, meine Gedanken zu beruhigen, das hilft mir letztlich auch im musikalischen Prozess." Man kann ihm nur wünschen, dass das weiterhin der Fall bleibt - und für die Fangemeinde nach wie vor so umwerfende Platten wie Konzerte abwirft.

(Von Christoph Griessner/APA)

(APA/Red)

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