Der Sondergesandte des russischen Präsidenten für internationale kulturelle Beziehungen, Michail Schwydkoj, erhielt im März ein Visum für Österreich, um nach Wien und anschließend nach Bratislava zu reisen.
Die Reise des Putin-Vertreters mit einem österreichischen Visum geht aus der Stellungnahme eines leitenden Beamten des österreichischen Außenministeriums hervor, die auf eine Anfrage der APA gemäß dem Auskunftspflichtgesetz erfolgte. Zuvor hatte die Presseabteilung des Ministeriums Auskünfte über Schwydkojs Visum unter Berufung auf den Datenschutz abgelehnt.
Außenministerium: Putin-Vertreter war auf keiner EU-Sanktionsliste
Der angefragte russische Staatsangehörige habe an der österreichischen Botschaft in Moskau einen Antrag auf Ausstellung eines Visums für einen Aufenthalt gestellt, schrieb der Beamte des Außenministeriums vergangene Woche. "Da die rechtlichen Voraussetzungen des Visakodex erfüllt waren und der Antragsteller auf keiner EU-Sanktionsliste geführt wird, wurde das Visum erteilt", erklärte er.
Die Visavergabe an den Russen selbst wurde in diplomatischen Kreisen laut APA-Informationen im Rahmen einer Reziprozität gesehen, die impliziert, dass auch hochrangige Vertreter Österreichs bei Bedarf ebenso ein russisches Visum erhalten würden. Zuletzt waren österreichische Reiseaktivitäten nach Russland freilich rar geworden: Nach einem Moskau-Besuch des mit Schwydoj vom Status vergleichbaren politischen Direktors im österreichischen Außenministerium, Gregor Kössler, Ende 2021 war lediglich noch Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) im April 2022 zu einem Treffen mit dem kriegsführenden Präsident Wladimir Putin nach Russland geflogen. Der Versuch der Grün-Abgeordneten Ewa Ernst-Dziedzic, ein russisches Visum zu bekommen, um dem Begräbnis des Oppositionsführers Alexej Nawalny in Moskau beizuwohnen, war im Februar 2024 indes gescheitert.
Putin-Vertreter wollte in Wien auch "Kollegen" treffen
Bei Schwydoj hatte es sich wahrscheinlich um den höchstrangigen Abgesandten des Kreml gehandelt, der seit dem Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine am 24. Februar 2022 nach Österreich gekommen ist. Der langjährige Sondervertreter von Wladimir Putin hatte am 11. März in Wien im russischen Kulturinstitut Angehörige der russischen Community getroffen, die ihn laut APA-Informationen mehrheitlich um Unterstützung und Subventionen baten.
Der Bürokrat selbst hätte laut eigenen Angaben in Wien auch "Kollegen" treffen wollen, die "offizielle Strukturen Österreichs" vertreten. "Aber im letzten Moment haben alle leider abgesagt", beklagte Schwydkoj gegenüber der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Manche österreichische Impresarios seien bereit, mit Russland zu arbeiten, sagte er wenige Tage später in Bratislava im Interview mit einer rechten Videobloggerin und selbsterklärten "Kämpferin für die Meinungsfreiheit".
Anders als in Österreich kam es bei diesem Aufenthalt in der Slowakei im März aber auch zu einer Begegnung mit hochrangigen Vertretern des Staates, der sich nach einem Machtwechsel im vergangenen Herbst deutlich russlandfreundlicher positioniert: Bei einer Kranzniederlegung im mittelslowakischen Zvolen traf der Putin-Gesandte damals auf Premierminister Robert Fico sowie Außenminister Juraj Blanár.
Kritik nach Reise von Putin-Vertreter von NEOS
Scharfe Kritik am "generell laschen Umgang" Österreichs mit Putins Gefolgschaft kam erneut von Stephanie Krisper, NEOS-Sprecherin für Inneres. "Nicht nur, dass das Außenministerium viel zu zögerlich russische Spione ausweist, lässt es umgekehrt auch viel zu freizügig Putins engste Vertraute ins Land", erklärte sie am Montag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Krisper forderte sorgfältigere Prüfungen, bevor Visa vergeben werden, "um die sicherheitspolitischen Interessen Österreichs und der EU zu gewährleisten". Der Visakodex sehe vor, dass eine Risikobewertung durchgeführt werden müsse - insbesondere müsse geprüft werden, ob der Einreisende eine Gefahr für die Sicherheit der Mitgliedstaaten darstellt. "Und dass ein Vertreter von Putin eine Gefahr für die Sicherheit darstellen kann, sollte der österreichischen Bundesregierung mittlerweile hoffentlich klar sein."