Die Stadt Wien plant die Einführung neuer Regeln für das Zusammenleben, um aktuellen Problemen wie Antisemitismus, Rassismus und LGBTQ-Feindlichkeit entgegenzutreten und ein friedliches Miteinander zu fördern.
Der Wiener Jugend- und Integrationsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) hat am Montag angekündigt, Regeln für das Zusammenleben in Wien definieren zu wollen. Unter dem Titel "Prinzip Wien" wird es dazu etwa einen "Wertekonvent" im Herbst geben. Der Stadtrat ortete angesichts des grassierenden Antisemitismus, mitunter mittelalterlichen Frauenbildern, Rassismus oder LGBTQ-Feindlichkeit akute Probleme in der Stadt - und das nicht nur bei zugewanderten Menschen.
"Prinzip Wien": Wiederkehr erarbeitet Regeln für das Zusammenleben
"Die Vielfalt der Gesellschaft in Wien ist ein Motor", hielt er in einer Pressekonferenz im Rathaus fest. Sie garantiere etwa Fortschritt und Freiheit. Allerdings habe sich zuletzt das Zusammenleben schwieriger gestaltet, da angesichts internationaler Krisen auch hier kulturelle Konflikte zum Vorschein gekommen seien. "Wien, es gibt ein Problem", zeigte er sich überzeugt.
Man müsse den Abwertungstendenzen bei Jugendlichen mit, aber auch bei solchen ohne Migrationshintergrund entgegenwirken. Man dürfe nicht wegschauen. "Wir müssen jetzt die Grundwerte bei allen einfordern." Zugleich solle es Verpflichtungen und Konsequenzen für Personen geben, die die Anforderungen nicht erfüllen würden.
Konsequenzen bei Nichteinhaltung der Anforderungen
Wiederkehr bekräftigte etwa seine Forderung nach Kürzungen von Sozialleistungen oder Strafen für säumige Eltern. Er forderte einmal mehr den Bund auf, hier tätig zu werden. Auch Konsequenzen für Bundesländer, die die Asyl-Betreuungsquote nicht erfüllen, urgierte er erneut. Der Bund, so konstatierte er, sei jedoch untätig und debattiere stattdessen über die sogenannte Leitkultur. Hier würden Werte aber mit Folklore verwechselt.
Somit gehe die Stadt nun voran. Man werde Prinzipien erarbeiten, die zu beachten seien. Der Prozess sei ergebnisoffen, betonte Wiederkehr. Als Beispiele nannte er aber bereits zwei Grundsätze, nämlich, dass das Erlernen der deutschen Sprache nicht optional sei und dass Gesetze vom Staat kämen und nicht in Religionsbüchern stünden.
Debatte über demokratische Werte bei Konvent im Herbst
Erarbeitet werden sollen die Prinzipien unter anderem bei einem Konvent im Herbst, in dem gemeinsam mit Zivilgesellschaft oder auch Religionsgemeinschaften erörtert werden soll, wie die Einhaltung demokratischer Werte garantiert werden kann. Außerdem wird sich der Wiener Integrationsrat mit gruppenbezogenen Abwertungstendenzen in der Einwanderungsgesellschaft beschäftigen.
Schließlich wurde der Soziologe und Integrationsexperte Kenan Güngör beauftragt, eine Studie zu erstellen. Dabei soll erhoben werden, welche vorhandenen Abwertungshaltungen unter Jugendlichen mit und ohne Migrationshintergrund es in Wien gibt.