Der ukrainische Botschafter in Wien ruft indes die Behörden auf, den Event nicht zu erlauben.
Der ukrainische Botschafter in Wien ruft indes die Behörden auf, den Event nicht zu erlauben.
Nachdem im vergangenen Jahr in Wien doppelte Feiern zum "Tag des Sieges" am 7. und am 9. Mai zu einem Konflikt innerhalb der russischen Community geführt hatten, konnten diese Differenzen auch bisher nicht gänzlich ausgeräumt werden. Denn gleich zwei Vereine haben für den 9. Mai am Heldenplatz mit anschließendem Marsch zum Schwarzenbergplatz und dortiger Abschlusskundgebung nahezu identische Versammlungen angezeigt, informierte auf APA-Anfrage die Pressestelle der Landespolizeidirektion Wien. Bei der zuständigen Behörde ging man Anfang der Woche von zwei getrennten Kundgebungen aus: "Man hat mit beiden Vereinen gesprochen und der Heldenplatz ist groß genug - da können die vom Versammlungsgesetz vorgesehenen 50 Meter zwischen zwei verschiedenen Versammlungen eingehalten werden", erläuterte eine Polizeisprecherin.
Der Chef des der russischen Botschaft nahestehenden "Koordinationsrats der Organisation russischer Landsleute" (KSORS), Dmitri Jerochin, der in seiner Funktion als Obmann des Vereins "Dialog - Förderung der kulturellen, rechtlichen und allgemein menschlichen Werte" mit Sitz im russischen Kulturinstitut eine der Versammlungen anzeigt hat, sprach in einem Telefonat mit der APA am Dienstag jedoch davon, dass eine gemeinsame Kundgebung beider Vereine stattfinden solle.
Jeder der Vereine solle für einen gewissen Teil der Veranstaltung verantwortlich sein, erklärte Jerochin. "Wir planen einen gemeinsamen Brief (an die Polizei, Anm.) zu schreiben, dass es zwar eine Aufteilung der rechtlichen Verantwortung geben soll, aber nicht zwei Veranstaltungen", sagte der KSORS-Chef, der seinen Event als apolitische Gedenkversammlung wie auch am 7. Mai 2023 positioniert haben will. Bei dieser Kundgebung am Schwarzenbergplatz war damals auch der russische Botschafter in Wien, Dmitri Ljubinski, aufgetreten. Eine etwaige erneute Teilnahme Ljubinskis sei noch nicht erörtert worden, erzählte Jerochin.
Dmitri Korenew, dessen Verein "Menschen in Resilienz" mit Sitz in Wien-Floridsdorf bei der Bundespolizeidirektion die zweite Kundgebung für den 9. Mai am Heldenplatz mit Marsch zum Schwarzenbergplatz angezeigt hatte, wollte der APA am Dienstag keine telefonischen Auskünfte zu seinen Plänen erteilen. Er plädierte dafür, zunächst ein Bier trinken zu gehen und erst dann Fragen zu stellen.
In der Vergangenheit war Korenew, der 2022 bei einem Fortbildungsseminar der Wiener Polizei als Experte für ukrainischen Nationalismus aufgetreten war und der als Moderator einer der größten russischsprachigen Facebook-Gruppen in Österreich wirkt, gesprächiger gewesen: Im Februar 2024 hatte er als Vertreter aus Österreich bei einer offiziösen Veranstaltung in Moskau öffentlich Kritik an russischen Botschaftsvertretern geübt, die gegen Gedenkmärsche zum "Tag des Sieges" aufgetreten seien. Er bezog sich damit auf den Wiener Konflikt: Nachdem Vertreter der russischen Botschaft in Österreich im vergangenen Jahr den Feiertag auf den 7. Mai vorverlegten und bloß am Schwarzenbergplatz demonstrieren wollten, war Korenew maßgeblich an der Organisation eines diesbezüglichen Marsches vom Stephansplatz zum Schwarzenbergplatz am traditionellen 9. Mai beteiligt gewesen.
Nichtsdestotrotz wurde ihm und seinen engsten Mitstreitern zuletzt in einem in der Community intensiv diskutierten Internet-Pamphlet von einem anonymen Autor vorgeworfen, seinen "Ultrapatriotismus" nur zu spielen und eigentlich ein Anhänger liberaler Werte zu sein. Korenew wollte diese Publikation aus dem März 2024 am Dienstag gegenüber der APA ebenso nicht kommentieren.
Nachdem die russische Botschaft in Wien vergangene Woche die Veranstaltung am 9. Mai in sozialen Medien angekündigt hatte, forderte indes der ukrainische Botschafter in Wien, Wassyl Chymynez, eine Absage durch die Behörden. Vor dem Hintergrund des tagtäglichen "brutalen russischen Terrors" gegen die ukrainische Zivilbevölkerung seien jegliche Konzerte und ähnliche Veranstaltungen, die durch und im Namen von Vertretern des russischen Staats organisiert werden, nicht akzeptabel, heißt es in einer der APA vorliegenden Erklärung. "Solche Veranstaltungen sind demokratiefeindlich und gehören abgeschafft. Es ist eine Verhöhnung aller Ukrainer, die zum Opfer des russischen Krieges bzw. des russischen Terrors geworden sind", schrieb er.
Die Stadt Wien, die Landespolizeidirektion Wien und das österreichische Innenminister rief der ukrainische Diplomat auf, keine Genehmigung für das Konzert am 9. Mai zu erteilen. "Das wäre eine gerechte Entscheidung im Sinne der Menschlichkeit, Gerechtigkeit und dem Respekt vor allen Kriegsopfern sowohl des 2. Weltkrieges als auch des groß angelegten russischen Kriegs gegen die Ukraine", erklärte er.
(APA/Red)