Mit grünen Gräbern statt Granitplatten oder vielleicht sogar Waldfriedhofsbereichen könnten die letzten Ruhestätten in Wien für angenehmeres Klima ringsum sorgen.
Das erklärte die Meteorologin Marianne Bügelmayer-Blaschek der APA am Rande des Klimatag-Kongresses in Wien. Die Anrainer der umgebenden Straßen würden bis zu eineinhalb Grad Wärmeabnahme durch die Grabstätten erfahren, so die Meteorologin. Sie hat auf Anregung der Friedhöfe Wien ihr Abkühlungspotenzial ermittelt.
Die Forscherin des Austrian Institute of Technology (AIT) sah sich zwei sehr unterschiedliche Grabstätten in Wien genauer an: Den Friedhof in Meidling, der viele Grünflächen und Bäume hat, wo Feldhamster leben und Menschen nicht nur ihre letzte Ruhe finden, sondern auch Erholung suchen, sowie den Friedhof in Sievering, wo größere Flächen etwa durch asphaltierte Wege und Grabsteinplatten versiegelt sind. Mit mathematischen Modellen und Mikroklima-Simulationen berechnete sie, wie sehr die Bedingungen auf den Friedhöfen die dortigen Temperaturen und jene in der Umgebung beeinflussen.
Beim Friedhof Meidling habe sich gezeigt, dass er die Umgebungsbereiche um bis zu eineinhalb Grad Celsius abkühlen kann, so Bügelmayer-Blaschek. Bereits eine mittlere Abkühlung von etwa einem Grad Celsius verkürzt Hitzewellen um etwa einen Tag, reduziert die Zahl der tropischen Nächte, sorgt für eine bessere Schlafqualität für die Anrainer und Anrainerinnen und senkt die Hitze-bedingte sommerliche Sterberate, heißt es in ihrem Projektbericht. Man könnte im Areal von Meidling auch einen Waldfriedhof aufbauen. Dann wäre es dort laut den Modellberechnungen an Nachmittagen sogar um drei Grad kühler als ringsum.
Der Friedhof Sievering hingegen trägt aktuell sogar zu einer Erwärmung der Umgebung bei, sagte die Forscherin: "Dieser Effekt kann durch eine Entsiegelung und Begrünung reduziert oder sogar umgedreht werden." Dann würde auch diese Ruhestätte zu einer Abkühlung der Umgebung beitragen. Die Friedhofsverwaltung setze auch finanzielle Anreize, damit die Wiener begrünte statt Granit-versiegelte Gräber wählen. "Für eine Steinplatte muss man etwas mehr Abgaben zahlen", berichtete Bügelmayer-Blaschek.