Montenegros Präsident Jakov Milatović stattet Wien einen Besuch ab.
Van der Bellen hält eine "realistische Beitrittsperspektive" für die Westbalkan-Länder angesichts der russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine als "wichtiger denn je". Montenegro sieht er dabei als "Frontrunner", wie er anlässlich des Besuchs des montenegrinischen Präsidenten Jakov Milatović am Donnerstag in Wien sagte. Es sei "realistisch", dass der kleine Adriastaat bis 2028 EU-Mitglied ist.
Er sehe im Moment "keine unüberwindlichen Schwierigkeiten", die einen Beitritt bis 2028 verhindern sollten, betonte Van der Bellen im Rahmen einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Milatović, mit dem der Bundespräsident am Abend auch den 66. besuchen wird. Bereits jetzt sind alle 35 Verhandlungskapitel geöffnet. Und im Gegensatz zu anderen Beitrittskandidaten habe Montenegro auch keine Konflikte und Streitigkeiten mit Nachbarn, die den Beitrittsprozess behindern könnten.
Der Beitritt des Westbalkans zur Europäischen Union sei der "einzige Garant der Stabilität und des Wohlstandes in dieser Region Europas", zeigte sich Milatović überzeugt. In der Vergangenheit habe "mangelnde Präsenz" der EU auf dem Westbalkan dazu geführt, dass bestimmte Länder ihren Einfluss in der Region vergrößerten, sagte Milatović und nannte konkret China und Russland.
Engagiere sich die EU nicht stärker am Westbalkan, entstehe dort "politisches Vakuum", das andere Staaten nutzen würden, warnte auch Van der Bellen. Das könne nicht im europäischen Interesse sein. Mit dem Angriff auf die Ukraine habe der Westbalkan eine "neue Aufmerksamkeit" erfahren und die "Erweiterungsfaulheit und -müdigkeit" der Union sei beseitigt worden. "Wir können es uns nicht leisten, diese Länder außen vor zu lassen."
Es war der erste Besuch eines montenegrinischen Präsidenten in Österreich seit der Unabhängigkeit. 2006 spaltete sich Montenegro von Serbien ab. Van der Bellen sprach von einem "Zeichen der Freundschaft zwischen Österreich und Montenegro sowie als Symbol des österreichischen Engagements am Westbalkan." Er unterstrich die Wichtigkeit der bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Montenegro, insbesondere in den Bereichen Wirtschaft und Energie. Präsident Milatović hoffte auf mehr direkte Investitionen von österreichischen Unternehmen in Montenegro. Derzeit liegt Österreich unter den Top-10 bei den Direktinvestitionen, künftig soll es nach Wünschen Milatovićs in die Top-5 aufsteigen. Van der Bellen hob zudem die Kooperation im Bereich Berufsbildung mit Blick auf den Fachkräftemangel hervor.
Milatović wird während seines Wien-Besuchs zudem mit Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) sprechen. Am Donnerstagabend begleitet Milatović zusammen mit seiner Ehefrau Milena den Bundespräsidenten und dessen Gattin Doris Schmidauer auf den Opernball in der Wiener Staatsoper.