Im Wiener Landesgericht wurde am Montag der Prozess gegen eine 54-jährige Juristin vertagt. Sie ist wegen beharrlicher Verfolgung ihrer Familie und sogar Wirtschaftskammer-Funktionären angeklagt. Auslöser des Konflikts waren Testament-Streitigkeiten.
Eine 54-jährige Juristin - die Frau war zuletzt als Immobilienmaklerin tätig - hat sich am Montag wegen beharrlicher Verfolgung ihrer Tochter und ihrer Schwester sowie mehrerer Funktionäre der Wirtschaftskammer am Landesgericht Wien verantworten müssen. Ausgangspunkt des Ganzen dürften Testamentsstreitigkeiten gewesen sein, im Zuge derer sich die Angeklagte mit ihrer Familie überwarf.
Nachdem sie mit ihrer Firma in den Konkurs geschlittert war, hatte sich der Zorn der Frau zusätzlich gegen die Wirtschaftskammer gerichtet, von der sie sich im Stich gelassen fühlte. Einen Kommerzialrat bedachte sie via Facebook und WhatsApp mit gleichermaßen deftigen wie unschönen Worten. "Das waren Kontaktversuche im Rahmen meines Konflikt-Managements", meinte die Angeklagte dazu. Sie habe sich damals "hilflos" gefühlt, das "eine oder andere Schimpfwort zu später Stunde" sei da vielleicht gefallen: "Aber ich habe ihn nicht beleidigt!" Von einer anderen Funktionärin, die sie unter anderem "Kanaille" nannte, verlangte die Angeklagte sogar eine Provision, wobei sie ihre Forderung mit unverhohlenen Todesdrohungen untermauerte. "Das Wording war unangemessen. Ich war gekränkt. Ich habe wahrscheinlich überreagiert."
Gänzlich uneinsichtig war sie hinsichtlich der Vorwürfe, die aus ihrer eigenen Familie kommen. Dabei konnte sich die Staatsanwältin diesbezüglich auf die Ergebnisse einer Rufdatenrückerfassung stützen, die ergab, dass die Frau auf ihre Angehörigen einen regelrechten Telefon-Terror ausgeübt hatte. "Das sind Anruftiraden", hielt Richterin Martina Krainz der Angeklagten vor, "Sie haben die Tochter und ihre Schwester mit Anrufen geradezu bombardiert." Der Verteidiger bestritt das, die Intensität und die Dauer der Anrufe würden nicht ausreichen, um von einer unzumutbaren Beeinträchtigung der Lebensführung sprechen zu können. Seine Mandantin habe "aus Ohnmacht, aus Zorn" telefoniert.
Die Angeklagte hatte 2021 zur Kenntnis nehmen müssen, dass ihre betagte Mutter eine Testamentsänderung vornehmen hatte lassen. Ihr Erbteil wurde um die Hälfte reduziert, weil sie sich angeblich unzureichend um ihre Mutter kümmerte. Das soll weitgehend ihre Schwester übernommen haben. Geändert wurde das Testament angeblich vor allem auf Betreiben der Tochter der Angeklagten, die ihre Großmutter "zum Notar geschleppt" habe, wie die Angeklagte behauptete: "Sie (die Erblasserin, Anm.) ist überrumpelt worden." Daraufhin habe sie mit ihrer Tochter und ihrer Schwester "reden wollen". Wie oft und dass sie die beiden zwei Jahre lang nicht in Ruhe ließ, wisse sie nicht mehr genau: "Ich kann mich nicht so genau erinnern, das ist so lange her."
Die Verhandlung wurde zur ergänzenden Beweisaufnahme vertagt. Zum nächsten Termin Mitte Februar werden eine Reihe von Zeuginnen und Zeugen erwartet.