Große Notwendigkeit zur Veränderung wird hier gesehen: Der Verband Wiener Wohnungslosenhilfe (VWWH) hat am Mittwoch seinen Situationsbericht 2022 präsentiert.
"Viel zu viele Menschen fallen durch das soziale Netz, weil sie die rechtlichen Ansprüche nicht erfüllen", kritisierte Elisabeth Hammer, Geschäftsführerin neunerhaus. Der VWWH fordert deshalb niederschwelligen Zugang zu Gesundheitsversorgung und die Ausweitung der Notquartiere. Vor allem Menschen aus Drittstaaten bzw. EU-Ländern sollten so bessere Versorgung erhalten.
Wohnungslosenhilfe: Wenn kein Anspruch auf Leistungen besteht
Menschen aus anderen EU-Staaten bzw. Drittstaaten haben keinen Anspruch auf Leistungen der städtischen Wohnungslosenhilfe. Diese würden zwar kurzfristige Hilfe erhalten wie etwa die Unterbringung in saisonal begrenzten Notquartieren im Winter, nachhaltige Unterstützung bei der Lösung des Problems sei jedoch nicht vorgesehen, sagte Hammer. Die Ankündigung zur Verbesserung des Sozialhilfegesetzes unterstütze sie, es brauche aber auch eine Ausweitung der Härtefallregel, denn zu viele Personen seien nicht anspruchsberechtigt. Es handle sich dabei vor allem um Menschen zwischen 30 und 50 Jahren, die auf der Suche nach Arbeit nach Österreich gekommen seien.
Zahlen zur Nutzung niederschwelliger Notunterkünfte
Rund 900 Personen würden die
niederschwelligen Notunterkünfte jeden Winter nutzen, berichtete Oliver
Löhlein, Geschäftsführer des Samariterbund Wien.
34 Prozent der Männer und 43 Prozent der Frauen würden jedoch nicht
länger als zehn Tage in den Quartieren bleiben. Rund ein Viertel der
Menschen verbringt mindestens 90 Nächte in einem Quartier und ist
dringend auf einen kontinuierlichen Schlafplatz angewiesen. "Wir stellen
nach jeder Saison fest, dass es den Menschen nach ihrem Aufenthalt in
den Notquartieren besser geht. Zu Beginn der neuen Saison hat sich der
Gesundheitszustand dann aber wieder verschlechtert", so Löhlein.
"Armut
ist saison- und herkunftsunabhängig, es braucht dauerhafte,
zielgerichtete und nachhaltige Lösungen", forderte Hammer. Während der
Pandemie wurden die Winterquartiere ausgeweitet und waren ganztätig und
das ganze Jahr über betretbar. Das solle auch beibehalten werden, meinte
Löhlein. Auch volkswirtschaftlich sei es sinnvoll, Menschen eine
Unterkunft zur Verfügung zu stellen. Dadurch würden Menschen weniger
krank und Kosten für Rettungseinsätze und Spitalsaufnahme vermieden
werden, betonte er.
Grüne unterstützen Forderung nach ganzjährigen Notquartieren
Die Wiener Grünen unterstützen die Forderung, die Winternotquartiere ganzjährig zu öffnen. "Wohnen ist ein Menschenrecht und die Stadt Wien
muss dieses Recht auf Wohnen ganzjährig, niederschwellig und
diskriminierungsfrei ermöglichen. Die Ausweitung des Winterpakets auf
das ganze Jahr ist auch relevant, um obdachlose Menschen nicht nur vor
extremer Kälte sondern auch vor Hitze zu schützen", forderte die grüne
Sozialsprecherin Viktoria Spielmann in einer Aussendung.
Außerdem
solle die Qualität der Unterkünfte verbessert werden, so Spielmann.
Durch Einzel- oder Doppelzimmer sollte den Menschen mehr Privatsphäre
zugestanden werden. Vor allem für Frauen sei ein geschützter Rahmen
wichtig, um sich vor Übergriffen zu schützen. Die Stadt Wien
müsse konkrete Zahlen zu Obdach- und Wohnungslosigkeit in Erfahrung
bringen, diese gäbe es bis jetzt nicht, kritisierte Spielmann. "Nur so
kann die Stadt Wien ihr Angebot entsprechend adaptieren".
230 besonders vulnerable Personen brauchen gesicherte Unterkünfte
Neben
der Ausweitung von Notquartieren fordert der VWWH auch langfristige,
gesicherte Unterkünfte für die besonders Vulnerablen. Es handle sich
dabei um rund 230 Personen, die aufgrund ihres Alters, psychischen oder
chronischen Krankheiten besonderen Schutz bräuchten, sagte Joschi
Sedlak, Geschäftsführer von ARGE Wien.
Der Verband Wiener Wohnungslosenhilfe ist ein Zusammenschluss von zehn Organisationen, eingebettet in die Struktur der Stadt Wien. Ziel des Verbandes ist die Unterstützung der Mitglieder in der Wohnungshilfe.