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Alice in Chains brachten die 90er nach Wien zurück

1-01-1970, 00:00

Und doch muss man ausholen. Immerhin sind Alice in Chains untrennbar mit dem Anfang der 90er einsetzenden Musikhype verbunden, der nicht nur Nirvana zu Weltstars machte. Wo die Kollegen um Kurt Cobain ihren Grunge vorzugsweise aus einem dem Punkethos entliehenen Vibe schnitzten, waren Alice in Chains immer eine Spur düsterer, härter und kompromissloser. Das Schicksal hat aber auch sie ereilt, starb Sänger Layne Staley doch 2002 – die Band war zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr aktiv – an einer Überdosis.

Wien-Gig von Alice in Chains

Dass sich Spätgeborene trotzdem über Songs wie das hämmernde “Man In The Box” oder den Konzertopener “Bleed The Freak” freuen dürfen, liegt auch an William DuVall. Ihn holte Kreativkopf Jerry Cantrell vor mehr als zehn Jahren an Bord, um sich an das Wagnis einer Alice-in-Chains-Reinkarnation zu machen. “Es war ein Tornado an Erwartungen”, erinnerte sich DuVall vor dem Wienkonzert im APA-Interview an diese Zeit zurück. “Wir haben aber schnell gelernt, all das draußen zu lassen.”

Es ist ihnen gelungen: 2009 erschien die Comebackplatte “Black Gives Way To Blue”, ein starkes Zeichen dafür, dass man alten Glanz mit neuer Direktheit paaren konnte. “Es ging einfach darum, etwas für uns herauszufinden”, meinte Cantrell zum Album. “Wir wollten das für uns machen. Aus diesem Prozess sind die Songs entstanden.” Druck habe es immer gegeben, werde es auch künftig geben. “Du setzt dich ja auch selbst unter Druck”, nickte der Gitarrist und Songwriter. “Aber im Endeffekt haben wir uns nie verbogen, nie angepasst. Solange du selbst glücklich bist, ist alles in Ordnung.”

2.800 Fans kamen in die Wiener Arena

Ein positiver Nebeneffekt davon: Auch 2.800 Fans waren an diesem Abend mehr als glücklich. Mit Mike Inez am Bass und dem über den Dingen thronenden Sean Kinney – stoischer und präziser kann man ein Drumkit kaum bearbeiten -, gab es über eineinhalb Stunden Heavy-Rock in Bestform. Die Melodieseligkeit von alten Highlights wie “Down In A Hole” traf sich mit den weit ins Metalmetier hineinreichenden Riffs von “Hollow”, ging dabei eine äußerst gelungene Paarung ein. Köpfe wurden gereckt, die Hände in die Luft geworfen, Stimmbänder strapaziert.

Vor allem beeindruckte, wie selbstverständlich die Zusammenarbeit von DuVall und Cantrell funktioniert. Schon immer standen Alice in Chains für zweistimmige Gesangsharmonien, die wie aus einem Guss klingen. Natürlich bleibt Staley ein eigener Charakter, der den Stücken seinen Stempel aufdrückte. Aber DuVall hat eine äußerst lohnenswerte Nische zwischen Ehrerbietung und eigener Note gefunden, die allen kritischen Anmerkungen seit dem Comeback den Boden unter den Füßen wegzieht. Wer die Augen schließt, wähnte sich bei “Rooster” oder “Would?” definitiv in den 90ern.

Alice in Chains brachten 90er zurück nach Wien

Zeitlosigkeit wurde folglich groß geschrieben. Als Cantrell am Leadgesang “Heaven Beside You” anstimmte, schien es beinahe ein Frevel zu glauben, dass dieser Song mehr als 20 Jahre am Buckel hat. Nostalgie als Erfolgsfaktor? Mag sicherlich ein Rolle spielen, aber letztlich müssen sich Alice in Chains weder für (Re-)Interpretationen der eigenen Klassiker noch für das neue Liedmaterial vor irgendjemandem rechtfertigen. Mit konsequenter Bühnenshow, die zwischen einfacher Lichtgebung und vereinzelt eingesetzten Videos changierte, wurde nicht abgelenkt, sondern nochmals hingestoßen auf diese Songs, die so viele schon lange begleiten.

Natürlich wissen diese Herren, die mittlerweile allesamt Anfang 50 sind, woher sie kommen. An Staley und den ebenfalls bereits verstorbenen Ex-Bassist Mike Starr wurde mit “Nutshell” gedacht. Die Melancholie, die von Songs wie diesem ausging, war dringend nötig, um die davor und danach gesetzte Härte auszubalancieren. Schön, wenn eine Band versteht, beide Aspekte auf so einem Level zu bedienen. Und man darf sich freuen: Ende August erscheint mit “Rainier Fog” ein neues Album von Alice in Chains. Die Erzählung ist also noch nicht zu Ende.

(APA/Red)

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