Die SPÖ macht in Sachen Arbeitszeit weiter mobil. Am Tag vor der großen gegen die Regierungspläne und knapp eine Woche vor dem Beschluss von 12-Stunden-Tag und 60-Stunden-Woche als neue Maximalvariante rufen die Sozialdemokraten heute zu einer Sondersitzung des Nationalrats. Adressat der roten Angriffe ist Kanzler Sebastian Kurz, an den eine “Dringliche Anfrage” gerichtet ist.
In der Begründung der selben gehen die Sozialdemokraten um Antragssteller Josef Muchitsch tief in die Historie: “Vor fast genau hundert Jahren wurde der 12-Stunden-Tag abgeschafft. Diese Errungenschaft wird jetzt, hundert Jahre später, von dieser Regierung unter Bundeskanzler Kurz rückgängig gemacht”, schreibt der SPÖ-Klub und folgert, dass “gesamtgesellschaftlich” ein Rückschritt in frühindustrielle Zeiten bevorstehe.
Verlängerung der Maximalarbeitszeit vernichtet Arbeitsplätze
Nach Ansicht der SPÖ macht die Verlängerung der Maximalarbeitszeit krank und vernichtet Arbeitsplätze. Zudem erschwere sie die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und verfestige “an sich bereits überholte Geschlechterrollen”. Vorteile für die Arbeitnehmer werden keine erkannt, sei die von ÖVP und FPÖ als Ausgleich propagierte Vier-Tages-Woche doch bereits heute geltendes Recht.
Überhaupt wird seitens der SPÖ darauf verwiesen, dass es zahlreiche Ausnahmebestimmungen gebe, wo unter verpflichtender Mitbestimmung des Betriebsrats ein vorübergehender 12-Stunden-Tag und eine 60-Stunden-Woche zugelassen werden – und das über 24 Wochen im Arbeitsjahr.
Unternehmerlobby sponserte Wahlkampf
Das ändert freilich nichts daran, dass die Sozialdemokraten den gesetzlichen Ausbau der Maximal-Arbeitszeit verdammen, der ihrer Ansicht nach bloß die Wünsche einer “mächtigen Unternehmerlobby” bedienen soll, die den Wahlkampf der Volkspartei gesponsert habe. Gefragt wird Kurz dann auch, was er Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) versprochen habe, damit er der Arbeitszeitverlängerung zustimme. Auch wird beim Kanzler um Auskunft ersucht, wie oft er sich seit seiner Wahl mit Großunternehmern bzw. mit AK und ÖGB getroffen hat. Die Arbeitnehmer-Organisationen hatten ja wiederholt beklagt, dass die Regierung jeglichen Dialog mit ihnen verweigere.
Auch aus der ÖVP kommt Kritik
Genüsslich wird in der Begründung der Anfrage immer wieder auf kritische Stellungnahmen von ÖVP-dominierten Organisationen wie den Arbeiterkammern Tirols und Vorarlbergs verwiesen. Auch die Forderung der Bischofskonferenz, mit dem Heiligen Stuhl Kontakt aufzunehmen, um das im Konkordat völkerrechtlich geforderte Einvernehmen in Bezug auf die geplante Einschränkung der Wochenend- und Feiertagsruhe herbeizuführen, wird aufgenommen. Konkret soll der Kanzler ausführen, ob er “dieser völkerrechtlichen Verpflichtung nachkommen wird”.
Interesse hat die SPÖ auch daran, welche Auswirkungen auf die Entwicklung der Arbeitslosigkeit und der Beschäftigung zu erwarten sind. Andererseits fragt man nach, ob sich der Arbeitskräfte-Mangel im Tourismus nicht noch verschärfen wird, wenn die Ruhenszeiten in der Branche wie geplant gelockert werden.
Nationalratsdebatte ab 15 Uhr
Eine Präzision verlangen die Sozialdemokraten bezüglich der Gründe, die eine Ablehnung einer elften und zwölften Stunde rechtfertigen. Ferner soll eine Klarstellung erfolgen, dass auch bei der Gleitzeit künftig keine Zuschläge entfallen.
Eingebracht wird die “Dringliche Anfrage” um 12 Uhr, debattiert ab 15 Uhr und damit zu einem (aus SPÖ-Sicht) sehr ungünstigen Termin, beginnen doch im Osten gerade die Sommerferien. Die ÖVP hatte einen früheren Termin mit Verweis auf Dienstreisen von Kurz und Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) blockiert.
(APA/red)