Islamophobie und ethnische Zugehörigkeit sind die beiden häufigsten Gründe für Diskriminierung im Bildungswesen. Insgesamt dokumentierte die Initiative für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen (IDB) in ihrem am Dienstag präsentierten Jahresbericht 2017 173 Fälle. Hauptbetroffen sind Schüler, das Geschlechterverhältnis hält sich sowohl bei Tätern als auch Opfern in etwa die Waage.
Islamophobie weiter häufigster Grund für Diskriminierung bei Bildung
Im ersten Diskriminierungsbericht 2016 waren nur 47 Fälle verzeichnet worden. Den Anstieg gegenüber dem Vorjahr führt die IDB auf Kooperationen mit Vereinen wie ZARA, Romano Centro und der Schwarzen Frauen Community zurück, über die ebenfalls im Bildungsbereich angesiedelte Diskriminierungsfälle gemeldet wurden. Durch eine App hofft man künftig auf zusätzliche Informationen.
Mit rund der Hälfte aller dokumentierter Fälle häufigster Diskriminierungsgrund ist wie schon Vorjahr Islamophobie. Aus einer Krabbelstube wurde etwa der Fall einer Helferin herangetragen, die sich weigerte, die Windel eines muslimischen Buben zu wechseln, weil er beschnitten war (“Ich finde es ekelhaft. Sollen sie doch gleich alles wegschneiden”). In einer Schule meldete eine Lehrerin den Fall einer anderen Lehrperson, die beim Handysurfen während der Schulübung der Kinder von einem terroristischen Anschlag las und einen syrischen Schüler mit “Super! Einer von euren Typen hat sich wieder einmal in die Luft sprengen lassen. Ein Wahnsinn!” bedachte.
Ethnische Zugehörigkeit wird von Lehrern negativ hervorgehoben
Mit knapp 40 Prozent zweithäufigster Diskriminierungsgrund war die ethnische Zugehörigkeit von Schülern. So verwies etwa eine Lehrerin auf die Meldung eines Schülers, dass sein Geldbörse fehle auf die (polnischstämmige) Mitschülerin: “Schau mal bei der X nach, wäre mein erster Tipp.” In einem anderen Fall ermahnte eine Lehrerin eine aus Afghanistan stammende Schülerin, die den Unterricht störte, mit: “Sei froh, dass du hier sitzen und atmen kannst. In deinem eigenen Land darfst du nicht einmal in die Schule gehen.”
Ebenfalls dokumentiert wurden Diskriminierungen aufgrund von Behinderung, Sexismus, Homophobie und Antisemitismus. Letzterer Fall betraf einen Lehrer eines Oberstufengymnasiums, der seine Schüler fragte “Was ist der Unterschied zwischen Juden und Türken?” und als Antwort “Die Juden haben es schon hinter sich” nachlieferte. An einem anderen Gymnasium wurde eine Schülerin von einem Mathe-Lehrer der Klasse verwiesen, weil sie durch kurze, blau gefärbte Haare und einer Kette mit zwei ineinander verschlungenen Venussymbolen ihre Homosexualität zu offen zur Schau gestellt habe.
Trotz Zwischenfällen: Lehrer beweisen auch Zivilcourage
Neben diesen Fällen dokumentiert der Bericht aber auch Fälle von Zivilcourage, in denen vor allem Lehrer bei entsprechenden Vorfällen gegenüber Kollegen intervenierten und diese gemeinsam mit Schülern aufarbeiteten. “Lehrpersonen als Täter führen zu einer Intensivierung des Traumas. Lehrpersonen, die intervenieren, haben dagegen heilende Wirkung und können das Vertrauen in die jeweilige Bildungsinstitution wiederherstellen”, so IDB-Vorständin Sonia Zaafrani bei einer Pressekonferenz.
Gleichzeitig legte die IDB einen Zehn-Punkte-Plan für ein diskriminierungsfreies Bildungswesen vor. Dieser enthält unter anderem die Schaffung von unabhängigen Melde- bzw. Beschwerdestellen, Anti-Diskriminierungsbeauftragte an jeder Schule, verpflichtende Fortbildungen sowie die Diversifizierung von Lehrpersonal und Direktoren.
(APA/Red)