Für die rund viereinhalb Jahre vor der Nationalratswahl wurden insgesamt 68 Einzelfälle dokumentiert, für das gute halbe Jahr seither waren es 38, hieß es in einer Aussendung am Dienstagabend. Das MKÖ hat sich rechtsextreme Aktivitäten seit der Nationalratswahl im Oktober 2017 angesehen und in der Dokumentation “Einzelfälle und Serientäter” veröffentlicht. Die Fälle sind dabei auf allen Ebenen der Freiheitlichen zu verzeichnen. Acht der 38 sind Mitglieder der Parteispitze bzw. Mitgliedern der Bundesregierung zuzuordnen, vier weitere engen Mitarbeitern von FPÖ-Ministern.
14 neue “Einzelfälle” haben antisemitische Bezüge, “darunter die Liederbuch-Affäre und die Übernahme der gegen George Soros gerichteten Verschwörungstheorie” durch Johann Gudenus und Parteichef Heinz-Christian Strache. 15 Fälle haben nationalsozialistische oder neonazistische Bezüge; 19 haben Bezüge zu Flüchtlingen und Minderheiten.
Kritisiert wird, dass es nur dann Konsequenzen gebe, wenn die Fälle öffentlich werden und die Parteispitze Nachteile befürchtet. Beteuerungen der FPÖ-Spitze, sie dulde weder Neonazismus noch Antisemitismus, seien daher “völlig unglaubwürdig”. “Der Widerspruch zwischen der Selbstdarstellung der FPÖ und den belegten Fakten könnte nicht größer sein”, meinte MKÖ-Vorsitzender Willi Mernyi.
Schatz: “NS-Liederbücher nur Spitze des Eisbergs”
Anlässlich der Präsentation der “Einzelfall”-Broschüre des Mauthausen Komitees Österreich übt Sabine Schatz, SPÖ-Sprecherin für Gedenkkultur, scharfe Kritik an den zahlreichen Entgleisungen von FPÖ-Politiker in den letzten Monaten. “Die gesammelten Einzelfälle aus den Reihen der FPÖ durch das MKÖ zeigen, dass diese Partei nicht ohne Antisemitismus und Rassismus auskommt. Die Annahme vieler, FPÖ-Funktionäre würden sich in Zeiten der Regierung zurückhalten, würden ‚gezähmt‘ werden, ist in den letzten Monaten widerlegt worden. Berichte über NS-Liederbücher und verschickte Hitler-Bildchen waren nur die Spitze des Eisbergs”, fasst Schatz zusammen.
“Dass die FPÖ ein Problem mit Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus hat, kann nicht geleugnet werden und war von vornherein klar”, so die SPÖ-Abgeordnete. Sie nimmt deshalb Bundeskanzler Sebastian Kurz in die Pflicht, der sich angesichts der angesprochenen Entgleisungen des Koalitionspartners in Schweigen hüllt.
“ÖVP-Klubobmann Wöginger hat in einem ‘Profil’-Interview betont, wie einig sich seine Partei und die FPÖ ‚von Haus aus in vielen Punkten‘ sind. Angesichts der überbordenden Liste der präsentierten ‚Einzelfälle‘ durch das MKÖ frage ich mich, wann der Punkt für die ÖVP erreicht ist, sich von ihrem Koalitionspartner zu distanzieren. Es liegt an der Kanzlerpartei, klar Stellung zu beziehen. Schweigen ist keine Antwort auf Rechtsextremismus und Rassismus, sondern leistet ihnen Vorschub”, macht Schatz deutlich.
APA/red