Er wurde dafür am Dienstag am Landesgericht wegen sexuellen Missbrauchs einer wehrlosen Person zu drei Jahren unbedingter Haft verurteilt. Zusätzlich wies ihn ein Schöffensenat (Vorsitz: Eva Brandstetter) erneut in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher ein. Basis dafür war ein Gutachten des psychiatrischen Sachverständigen Karl Dantendorfer. Dieser bescheinigte dem grundsätzlich zurechnungsfähigen 55-Jährigen eine schwere Persönlichkeitsstörung und eine Schizophrenie, die jedoch keine akuten psychotischen Symptome zeigt. “Er hat derzeit keine Halluzinationen, keine Wahnvorstellungen. Er erkennt die Realität”, sagte Dantendorfer. Allerdings sei von einem “hohen Risiko für Sexualstraftaten” auszugehen, falls der Mann nicht in einer Sonderstrafanstalt medikamentös behandelt und therapeutisch begleitet wird.
Opfer ist traumatisiert
Der 55-Jährige hatte dem jüngeren Gefangenen angeboten, das Fenster in dessen Zelle zu putzen. Der Angeklagte wurde in der JA Mittersteig als Hausarbeiter eingesetzt und konnte sich daher recht frei bewegen. Als der 25-Jährige auf seiner Pritsche einschlief, nutzte der vorgeblich hilfsbereite Insasse die Situation aus, um sich zu befriedigen. “Ich kann seither kaum schlafen. Ich muss immer daran zurückdenken. Ich hatte vorher noch nie Sex mit einem Mann”, erklärte der 25-Jährige im Zeugenstand.
Opfer musste in selbem Fahrzeug zur Anhörung
Weil ihn das inkriminierte Geschehen psychisch derart mitgenommen hat, hatte die juristische Prozessbegleiterin des Zeugen darauf bestanden, dass dieser in Abwesenheit des Angeklagten vernommen wird. Diesem Ersuchen kam der Senat nach, indem der 55-Jährige vor der Befragung des Betroffenen aus dem Saal gebracht wurde. Die gerichtlichen Bemühungen, dem 25-Jährigen einen möglichst schonenden Gerichtsauftritt zu gewährleisten, wurden jedoch schon im Vorfeld konterkariert. Angeklagter und Opfer wurden nämlich von der Justizwache im selben Fahrzeug zur Verhandlung gebracht. Beide sind nach wie vor in der JA Mittersteig untergebracht.
“Der größte Fehler war, dass ich dort Fenster geputzt hab”
Der Angeklagte weigerte sich, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. “Das macht mein Anwalt”, meinte er trocken. Zum Reden brachte ihn erst das psychiatrische Gutachten, das der Sachverständige ausführlich referierte. Darüber empörte sich der 55-Jährige: “Die Gutachter sollen sich a bissi z’sammreißen. Die Leute schnell abstempeln, so geht’s auch nicht.” Und zum Verfahren selbst merkte der Angeklagte dann noch an: “Das Ganze ist ein Trauerspiel. Der größte Fehler war, dass ich dort Fenster geputzt hab’. Mehr kann ich dazu nicht sagen.”
16 Jahre für Brandstiftung
Der Mann war 1992 erstmals in den Maßnahmenvollzug eingewiesen worden, nachdem er einen Heustadel angezündet hatte, um sich an einer Bäuerin zu rächen, die ihn zuerst aufgenommen und dann offenbar fallen gelassen hatte. Für die Brandstiftung verbrachte der Mann nicht weniger als 16 Jahre im Gefängnis – die Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher wird auch bei Zurechnungsfähigen bei Vorliegen der rechtlichen Voraussetzungen zeitlich unbefristet ausgesprochen, was mitunter dazu führt, dass nach § 21 Absatz 2 StGB Verurteilte oft noch Jahre nach Verbüßung ihrer Strafe angehalten werden, weil sie aufgrund ihrer psychischen Disposition weiterhin als gefährlich eingestuft werden. Im konkreten Fall dürfte eine wesentliche Rolle gespielt haben, dass der Mann, bei dem in jungen Jahren eine Erkrankung aus dem schizophrenen Formenkreis festgestellt wurde, zunächst krankheitsuneinsichtig war und Medikamente verweigerte.
Bereits sexuell auffällig
Erst 2008 wurde er entlassen – “mit einer guten Prognose”, wie Psychiater Dantendorfer betonte. In Freiheit setzte der Mann aber seine Medikamente ab. Ab 2013 begann er auf der Straße, männliche Jugendliche anzusprechen. Er stellte sich diesen als Arzt vor und gab vor, ein Forschungsprojekt zu betreiben. Damit brachte er seine Opfer – hauptsächlich Ausreißer und Obdachlose – dazu, übergriffige körperliche Untersuchungen und sexuelle Experimente über sich ergehen zu lassen. Dafür wurde er 2015 zu acht Monaten Haft verurteilt und in eine Anstalt für abnorme Rechtsbrecher eingewiesen, die er seither nicht mehr verlassen hat. Daran wird sich – sollte das aktuelle Urteil in Rechtskraft erwachsen, der 55-Jährigen meldete dagegen Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an -, zumindest bis 2021 nichts ändern.
(APA/red)