“Ich finde, das, was Wien auch so einzigartig macht, ist, dass man an der Adresse eines Menschen nicht erkennt, wie viel er verdient”, sagte sie. “Ich halte nichts davon, dass man nachschaut, wie viel verdienen die Leute und dürfen sie damit in einer geförderten Wohnung bleiben, weil so die Gefahr bestünde, die soziale Durchmischung nicht mehr zusammenzubringen. So gesehen ist Wiens Wohnbau in Wirklichkeit die größte Mittelstandsförderung.”
Die Bundesregierung solle sich stattdessen um ein einheitliches Mietrecht kümmern, forderte Gaal. Sollte dieses nicht demnächst kommen, schließt sie ein Volksbegehren, das bereits unter ihrem Vorgänger, dem nunmehrigen Bürgermeister Michael Ludwig, in den Raum gestellt wurde, nicht aus. Sie wolle aber vorrangig das Gespräch suchen.
4.000 neue Gemeindewohnungen bis 2020
Bis 2020 sollen 4.000 Gemeindewohnungen “auf Schiene” gebracht werden – also in unterschiedlichen Planungsstadien. 2015 hatte die SPÖ 2.000 Gemeindewohnungen bis 2020 angekündigt. Ludwig erhöhte diese Zahl später auf 4.000. Bisher befinden sich jedoch lediglich 120 Wohnungen in Favoriten im Bau.
Ob die Stadt danach weiter auf den Bau von Gemeindewohnungen setzen wird, sei noch nicht klar. “Es war ein sehr wichtiges Zeichen, dass die Stadt wieder Gemeindewohnungen baut und ich stehe auch voll hinter diesen 4.000 Gemeindewohnungen. Aber natürlich werden wir uns, wenn sie fertig sind, das Programm anschauen und evaluieren”, sagte Gaal. Insgesamt sollen im Rahmen der Wohnbauoffensive 2018 bis 2020 14.000 neue Wohnungen im geförderten Wohnbereich entstehen.
An der einen oder anderen Schraube gedreht
Die immer wieder in der Kritik stehende städtische Gemeindebauverwaltung Wiener Wohnen sieht Gaal in guten Händen. Gemeinsam mit der vor einem Jahr eingesetzten Direktorin Karin Ramser, die bereits Organisationsstrukturveränderungen eingeleitet habe, werde sie noch “die eine oder andere Stellschraube drehen”. Besonders wichtig sei ihr dabei das Kundenservice.
Der Rechnungshof kritisierte kürzlich unter anderem, dass Wohnungen, etwa nach Todesfällen, zu lange leer stehen würden. “Die Leerstände bei Wiener Wohnen gehen seit 2017 zurück und die Tendenz geht auch weiterhin in diese Richtung”, versicherte Gaal.
Lernfähig und kritikfähig
An die große öffentliche Aufmerksamkeit, die die neue Funktion mit sich bringt, muss sich die 42-jährige Politikerin, die sich bisher kaum in den Medien geäußert hat, erst gewöhnen. “Es ist neu und ich muss mich darauf einstellen. Aber ich bin lernfähig, ich bin kritikfähig und ich bemühe mich sehr”, sagte sie. Bedenken, den Stadtratsposten anzunehmen, habe sie keine gehabt. “Ich habe schon vor vielen Jahren die Entscheidung getroffen, mich wirklich ausschließlich der Politik zu widmen”, sagte Gaal.
Als Ludwig sie gefragt habe, ob sie sich vorstellen könne, Teil seines Teams zu sein, habe zwar ihr Herz “ein bisschen schneller geschlagen”, aber sie habe sich vor allem “wahnsinnig gefreut”. “Ich habe dann natürlich Rücksprache mit meiner Familie gehalten, aber es war eigentlich eine relativ leichte Entscheidung”, erzählte Gaal.
Gemeindebauten werden blau
Erfahrungen zum Themenbereich Wohnbau habe sie durch ihre Tätigkeit im Planungsausschuss im Gemeinderat gesammelt. Auch als Vorsitzende der SPÖ Favoriten, dem einwohnerstärksten Bezirk Wiens, habe sie viele Projekte mitbetreut. “Wenn wir eine Stadt wären, wären wir die viertgrößte Stadt in Österreich. Da wird natürlich viel gebaut.”
Während Gemeindebauten lange Zeit rote Hochburgen waren, gibt es mittlerweile einige Bauten, in denen die FPÖ bei Wahlen am stärksten abschneidet. “Es ist natürlich richtig und auch kein Geheimnis, dass wir in den Außenbezirken wie zum Beispiel in Favoriten mit der FPÖ den stärksten Konkurrenten haben. Mir ist wichtig, dass ich auch als Stadträtin, so wie ich es bis jetzt gehandhabt habe, weiter rausgehe zu den Menschen und spürbar und angreifbar bin”, sagte Gaal im Hinblick auf die Wien-Wahl 2020.
Neben dem Wohnbau ist Gaal auch für die Frauenagenden zuständig. “Das Frauenthema ist natürlich eine Querschnittsmaterie, die alle Themenbereiche hier in dieser Stadt betrifft. Wir müssen schauen, dass wir das Wohnbauressort und das Frauenressort verstärkt zusammendenken, also danach fragen, welche Bedürfnisse Frauen haben, was das Thema Wohnen betrifft.” Als Mutter sei ihr sehr bewusst, was Vereinbarkeit heiße und wie wichtig Angebote für die Kinderbetreuung seien, betonte sie.
(APA/red)