Sie waren legendäre Orte des Gesprächs – die Wiener Salons des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Geprägt waren diese Diskursorte vor allem von meist jüdischen Frauen. Das Jüdische Museum Wien widmet den prominentesten Salons nun eine Ausstellung. “The place to be. Salons als Orte der Emanzipation” kann unter anderem mit Originalmobiliar aufwarten.
Chatroom mit Sofa: Jüdisches Museum Wien lädt in den Salon
Die Direktorin des Jüdischen Museums, Danielle Spera, verwies bei der Präsentation der Schau auf die vielfältige Bedeutung der Zusammenkünfte und die wichtige Rolle der Gastgeberinnen: “Sie haben mit ihren Salons die Emanzipation der Frau und der Juden sowie die Zivilgesellschaft befördert.” Die Namen der wichtigsten “Salonieren” sind zum Teil heute noch ein Begriff: Fanny von Arnstein, Josephine von Wertheimstein, Berta Zuckerkandl oder Hilde Spiel.
Dass die Kommunikationsräume im mehr oder weniger privaten Rahmen eingerichtet wurden, war den Umständen geschuldet. Denn Frauen waren vom öffentlichen Leben zur betreffenden Zeit noch weitgehend ausgeschlossen. Gesellschaftliche Konventionen beschränkten die Rolle der Frauen – was nicht selten auch zu Einsamkeit und Depressionen führte, wie heute betont wurde.
Eingeladen waren in die Salons nicht nur Freunde und Vertraute, sondern auch Persönlichkeiten, die sich auf der Durchreise befanden – und die dank der Empfehlung anderer Gäste eingelassen wurden. Üblicherweise fanden die Treffen an einem bestimmten Abend in der Woche statt, wie Ausstellungs-Koordinatorin Astrid Peterle ausführte. Wer genau zu den Treffen erschien und was dort geschah, lasse sich aber nur mehr schwer rekonstruieren.
“The place to be. Salons als Orte der Emanzipation” zeigt Originalmöbel
Auch die einstigen Räumlichkeiten sind großteils verschwunden oder werden zumindest längst anders genutzt. In der Ausstellung – die sich zu einem großen Teil auf Texte, Fotografien und Gemälde stützt – sind aber zumindest Originalmöbel zu sehen. Gezeigt wird etwa ein Interieur, das sich einst im Besitz der Familie Wertheimstein befand.
Als einer der Höhepunkte galt der Salon von Berta Zuckerkandl. Dort wurde die Gründung der Wiener Werkstätte oder auch der Wiener Secession beschlossen. Der “Anschluss” an Nazi-Deutschland führte zu einem Ende der Wiener Salonkultur. Der Aufbau dieser im Exil war schwierig. So erlebten etwa Auswanderer nach Israel ein klassisches Flüchtlingsschicksal. Sie sprachen Deutsch – also die Sprache der verhassten Mörder. Hebräisch beherrschten sie kaum. Salons boten eine Möglichkeit in privatem Rahmen, die Muttersprache wieder zu verwenden.
Lediglich Hilde Spiel versuchte nach dem Krieg, diese Kultur noch einmal in Wien “salonfähig” zu machen. Heute gibt es nur mehr wenige vergleichbare Einrichtungen – die auch eher im Verborgenen bleiben. Nur wenige Gastgeber der zeitgenössischen Salons wollten darüber vor der Kamera sprechen, berichtete Museumschefin Spera von den Vorbereitungen zur Ausstellung.
(APA/Red)