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Lebensmittelbranche wettert gegen Herkunftskennzeichnung von österreichischen Lebensmitteln

1-01-1970, 00:00

Das Regierungsprogramm von ÖVP und FPÖ sieht eine “verpflichtende Herkunftskennzeichnung von Lebensmitteln (Fleischprodukte, Milch, Eiprodukte, verarbeitete Produkte und Milchprodukte) nach dem Vorbilds Frankreichs zunächst auf nationaler, später auf EU-Ebene” vor. Weiters wollen ÖVP und FPÖ Kantinen zu einer “nationalen Kennzeichnung der Lebensmittelherkunft” verpflichten.

Lebensmittelindustrie gegen Kennzeichnung

Während die Bauern seit langem auf die Erkennbarkeit der Herkunft pochen, um heimische Produkte besser absetzen zu können, ist die Lebensmittelindustrie gegen einen nationalen Alleingang Österreichs. Nicht schon wieder solle es über EU-Recht hinausgehende Verpflichtungen (“Gold Plating”) geben. “Österreich war auch das erste Land, das aus der Käfighaltung bei Hühnern ausgestiegen ist. Da hatten die Bauern Einkommenseinbußen, niemand hat ihnen den Mehraufwand bezahlt”, argumentiert Oskar Wawschinek, Pressesprecher des Fachverbands der Lebensmittelindustrie.

Wettbewerbsnachteil für Österreich

Jetzt erneut Musterschüler zu sein, käme einer Inländerdiskriminierung gleich, meint Wawschinek. Heimische Lebensmittelhersteller und -exporteure hätten einen enormen Aufwand und hohe Kosten, wenn sie bei jedem in Österreich verpackten und verarbeiteten Produkt zwingend die Herkunft angeben müssten. Da eine solche Verpflichtung für andere EU-Waren und importierte Waren nicht gilt, hätten österreichische Verarbeiter einen Wettbewerbsnachteil.

Da, wo es leicht gehe und möglich sei, werde die Herkunft schon jetzt – freiwillig – angegeben. Das AMA-Gütesiegel bewähre sich seit vielen Jahren, zudem regle die EU die Angabe der Herkunft von frischem, verpackten Fleisch, Honig, Fisch, Olivenöl, Obst/Gemüse, Eiern und Biolebensmitteln bereits umfassend. Sofern die Herkunft auf dem Lebensmittel angegeben ist, gelten ab 1. April 2020 darüber hinaus Herkunftsvorschriften bei “Hauptzutaten”.

Die Herkunft von in Österreich verarbeiteten Produkten anzugeben, wäre nicht banal, so Wawschinek im Gespräch mit der APA. Die heimischen Bauern könnten der Industrie nicht alle nötigen Rohstoffe das ganze Jahr über liefern, da zum Beispiel gewisse Obst- und Gemüsesorten nicht in ausreichendem Maß wachsen oder Schlachthöfe zusperren. “Bei der Pute haben wir nur mehr 30 Prozent Inlandsversorgung”, sagt Wawschinek. Wegen des mangelnden Angebots heimischer Rohwaren müssten die Lebensmittelhersteller aus insgesamt 182 Ländern zukaufen, Klimawandel und Missernten machten häufige Lieferantenwechsel notwendig.

Leute kaufen, was billig ist

Auch dem Konsumenten würde ein nationaler Alleingang nicht helfen, ist Wawschinek überzeugt. Frische, Qualität und der Preis seien den Supermarktkunden traditionell wichtiger als Informationen über die Herkunft. Wawschinek sieht “keine Chance”, dass die Verbraucher die Mehrkosten für eine Kennzeichnungspflicht tragen, auch nicht die Handelsketten mit ihrer immer größeren Marktmacht. “Wenn die Leute vorm Regal stehen, kaufen sie das, was billiger ist. Wir geben nur mehr 9 bis 10 Prozent für Lebensmittel aus. Nach dem Krieg waren es fast 50 Prozent.”

Dass es zum Beispiel im Winter einfach keine Tomaten zu kaufen gibt, wenn diese bei uns nicht wachsen, wäre aus der Sicht von Wawschinek auch “nicht sehr zeitgemäß”. Kürzlich habe übrigens sogar ein “Ja!-Natürlich”-Vertreter öffentlich gesagt, für die Umwelt sei es weniger belastend, im Herbst und Winter Tomaten aus Sizilien einzuführen als Glashäuser in Österreich zu beheizen.

Statt des geplanten, teuren Kennzeichnungsalleingangs sollte sich Österreich darum bemühen, mehr Lebensmittel und Agrarerzeugnisse schützen zu lassen. Österreich habe nur sechs “geschützte geografische Angaben”, Frankreich dagegen 142 und Italien 126. Auch bei der “geschützten Ursprungsbezeichnung” (zum Beispiel “Vorarlberger Bergkäse”) habe Österreich mit nur zehn Eintragungen massiven Aufholbedarf, Spitzenreiter Italien verzeichne hier 167, Frankreich 103.

(APA/red)

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