Hotel Modern ist in Österreich spätestens seit dem Vorjahr durch den Einsatz bei den Bregenzer Festspielen bekannt, als die Niederländer zur Rossini-Inszenierung “Mose in Egitto” mit Humor die biblischen Plagen nachstellten. Für “Kamp” verzichten man hingegen vollständig auf das Spiel mit der sich scheinbar aufdrängenden Putzigkeit der kleinen Puppen.
Stattdessen stellt man mit den fingergroßen Figurinen das größte Vernichtungslager der Nazis im kleinst-denkbaren Format nach. Auf dem Bühnenboden in der Halle G des Museumsquartiers ist im Miniaturformat das Auschwitz-Stammlager und Auschwitz-Birkenau nachgebaut. Dabei geht es Hotel Modern nicht um eine 1:1-Replik, sondern ein Kondensat, das die ikonografischen Bilder des Schreckens wie die Eisenbahnschienen ins Lager, das Einfahrtsgebäude oder das Eingangstor mit der zynischen Überschrift “Arbeit macht frei” als Verdichtung eines kollektiven Bilderkosmos zusammenführt.
3.500 fingergroße Puppen
Bevölkert wird diese Gebäudelandschaft von 3.500 fingergroßen Puppen, die meisten unbeweglich, doch einige von den drei Performern des Kollektivs bewegbar, die zwischen den einzelnen Spielorten hin und her huschen. Diese Mikroaktionen werden in der Regel mittels Kamera auf eine Großleinwand übertragen, auf der aschfahle Bilder den letztlich ebenso bekannten wie unfassbaren Alltag im Lager zeigen. Minutenlang wird der Appellplatz mit den Massen der Insassen abgefahren, die eng geschichteten Baracken. Ein Insasse wird totgeschlagen, drei werden hingerichtet, einer begeht Selbstmord. Aber auch das Innere der Gaskammer selbst spart Hotel Modern nicht aus.
Auf Worte verzichtet diese bewegte Installation dabei vollends, setzt hingegen auf eine Geräuschkulisse, die sich aus Froschquaken und Wind, Electrobass oder das Horst-Wessel-Lied zum Auftakt zusammensetzt. Ohne Narration oder Chronologie reihen sich Impressionen aneinander, wobei die einzelnen Puppen zugleich entindividualisiert sind, keine Charaktere bilden, dank der Handfertigung aus Lehmstückchen aber dennoch eigenständig bleiben. Letztlich geht es bei “Kamp” um eine Maximierung des Eindrucks durch die Minimierung der Form. Am Ende steht jedoch ein poetisches, wortloses Essay als Variation letztlich altbekannter Bilder.
APA/red