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Cigarettes After Sex überzeugten mit kurzem Gig im Wiener Gasometer

1-01-1970, 00:00

So einfach die Zutaten zum schwebenden, langsamen Gitarrensound wirkten, wie etwa die künstliche Nebelwand, welche die Sicht auf die Bühne niemals vollständig freigab, oder ein Sound, der innerhalb der knapp sechzig Minuten überzeugend kohärent blieb: Diese Band, die trotz zehnjährigem Bestehen erst ein gleichbetiteltes Album veröffentlicht hat, überzeugte live vollkommen. Überzeugungsgrund Nummer eins war sicher Frontmann Greg Gonzalez, dessen androgyne Stimme die Grundlage bot, zu der die restlichen Bandmitglieder ihren Beitrag lieferten. Überzeugend war aber insgesamt die Fähigkeit der US-Amerikaner, ein Soundbild über eine ganze, wenn auch kurze Konzertdauer aufrecht zu erhalten.

Dreampop aus Texas: Bezaubernde Cigarettes After Sex in Wien

Normalerweise wird wohl nicht der Ort in eine Stimmung versetzt, sondern das sich darin befindliche Publikum. Cigarettes After Sex schienen aber auch ersteres zu vollbringen. Ohne großartige Tempowechsel verlief der Gig, bestenfalls eine kurze Begrüßung vor dem Song “John Wayne” kam Gonzales über die Lippen. Dessen erste Textzeilen “He’s got so much love for her – But he doesn’t know what to do” liefern im Grunde auch die Erklärung für das Genre, das Cigarettes After Sex repräsentieren.

Noch deutlicher konnte dies dann eine Coverversion, die auch die Entwicklung der Band vermittelte: Mit der Interpretation von REO Speedwagons Top-Single “Keep On Loving You”, einer radiotauglichen Ballade der frühen 1980er-Jahre, zeigten die Texaner mit dem eher banalen Bandnamen, dass sie imstande sind, Fremdkompositionen in ihren Sound zu übersetzen. Denn die hemdsärmelige Powerballade wurde live zu einer introspektiven Standortbetrachtung adaptiert. Während das Original Tatendrang suggeriert, erschufen Cigarettes After Sex daraus im Gasometer ein Statement des handlungsunfähigen Leidens. In der Studioversion, als B-Seite der ersten Single “Affection” 2015 veröffentlicht, wirkte die Interpretation da im Vergleich doch noch fast wie eine brave Pflichtübung.

Mit viel Nebel, viel Hoffnung in der Interpretation und wenig Tempo, ganz dem Stil gehorchend, verlief das kurze, aber intensive Konzert der Texaner. Der oft bemängelte Sound im Gasometer war diesmal kein Kritikpunkt, sondern ein Beitrag zum Shoegaze-Himmel, der dem zweifelndem Optimismus gewidmet war. Am Ende, knapp eine Stunde später, folgte der Song “Apocalypse”. Nach einem “Dreaming of You” als Schlusstrack wurde man wieder in die proaktive Gegenwart entlassen.

(APA/Red)

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