Das Konzept ist der Clou, nicht die einstündige Performance, bei der 18 Musiker aus Bahrain und den Vereinigten Arabischen Emiraten in bunten arabischen Gewändern singend und trommelnd das Publikum allmählich in eine Art Trance versetzen. Da lässt sich trefflich Nachsinnen. Über den Culture Clash etwa, bei dem die Fidjeri-Sänger, die ihre Wurzeln in der Tradition der Perlenfischer derselben Zeit wie das Rolandslied, also im 11. Jahrhundert, haben, auf Arabisch in rhythmischen Gesängen vom blutigen Gemetzel eines im Namen des Kreuzes geführten Religionskrieg berichten. Oder über die gleichbleibende religiöse Intoleranz und Gewalt unter sich verändernden Zeiten und Vorzeichen.
“Weder Frieden noch Liebe gebe ich den Moslems”
Zu sehen bekommt man neben den deutschen Übertiteln, in denen man Zeilen wie “Er schlägt ihn zu Tode, zusammen mit 700 anderen” oder “Weder Frieden noch Liebe gebe ich den Moslems” liest, einen bunten, an ein Bilderbuch erinnernden Hintergrund, in dem rosa Wasserläufe stark befestigte mittelalterliche Städte verbinden bzw. trennen. Man glaubt den Galataturm von Istanbul zu erkennen, die (im jüngsten Bürgerkrieg stark beschädigte) Zitadelle von Aleppo und die alten Stadtmauern von Bagdad.
Der in Alexandria lebende 47-jährige Künstler, der mit dem im Vorjahr auf dem Festival Theater der Welt in Hamburg uraufgeführten Abend an seine auf der documenta und im New Yorker MoMA gezeigte “Cabaret Crusades” anschließt, hat sich für sein Bühnenbild von Miniaturkarten des Matrakci Nasuh, eines osmanischen Universalgelehrten des 16. Jahrhunderts, inspirieren lassen.
Fröhliche Tänze zu ernsten Themen
So putzig das Bühnenbild, so exotisch das Bühnengeschehen, so martialisch die Geschichte, die in dieser Stunde, garniert mit dem einen oder anderen fröhlichen Tänzchen, erzählt wird – bis hin zur von Kaiser Karl den besiegten islamischen Sarazenen gestellten Alternative: Tod oder Zwangstaufe. 100.000 wählten Letzteres, erfahren wir.
Als am Ende die arabischen Männer fröhlich ins Publikum winken und im langen Applaus ein schöner Moment des Traums von friedlicher Koexistenz entsteht, wird augenscheinlich, was dem Abend fehlt: seine Fortsetzung in der Gegenwart. Das “irritierende Spiel mit scheinbar historischen Gewissheiten und kulturellem Selbstverständnis, das neue Lesarten hochaktueller Themen wie Islamophobie oder Extremismus eröffnet” erhielte wohl bereits eine andere Dimension, wenn man die Gruppe einfach durch die Stadt schlendern ließe. Im geschützten Raum der Kunst lässt sich allzu einfach von einer besseren Welt träumen.
Weitere Vorstellungen im Theater an der Wien
Weitere Vorstellungen von “The Song of Roland: The Arabic Version” im Theater an der Wien: 15. Mai, 20:00 Uhr. Karten: 01 / 589 22 11, www.festwochen.at; In Kooperation mit den Wiener Festwochen bietet das Kunsthistorische Museum Wien am Dienstag und Mittwoch um jeweils 16:00 zwei Themenführungen bei freiem Eintritt an. Treffpunkt im Vestibül des KHM.
APA/red