Das seit zwei Wochen geltende Alkoholverbot am “Stern” sei eine “ordnungspolitische Entscheidung gewesen mit dem Ziel, das subjektive Sicherheitsgefühl zu verbessern”. Dabei soll es aber nicht bleiben. “Wir haben im vergangenen Winter vorgeschlagen, hier Maßnahmen zu treffen. Die Maßnahmen sind fertig geplant. Jetzt geht es darum, die Finanzierung sicherzustellen. Da sind wir in ausgezeichneten Verhandlungen mit der Stadt, sodass dann ein Maßnahmenpaket die Situation am Praterstern nachhaltig verbessern wird”, meinte Lochner.
Es brauche etwa niederschwellige Angebote für eine medizinische Versorgung – eventuell auch an Ort und Stelle. Da viele Menschen gerade am Praterstern auch von Wohnungslosigkeit betroffen seien, brauche es auch Unterstützung bei der Suche nach einem Dach über dem Kopf.
Mögliche Verdrängungseffekte am Praterstern
Ob es durch das Alkoholverbot jetzt schon – wie etwa vom Bezirk kritisiert – Verdrängungseffekte gibt, lasse sich nach so kurzer Zeit noch nicht seriös beantworten: “Momentan laufen engmaschige Monitorings mit der Sozialarbeit und der Polizei. Was man aber sagen kann: Wir haben uns ähnliche Situationen in anderen Ländern angeschaut und wenn ein Alkoholverbot als alleinige Maßnahme gesetzt wird, dann ist es natürlich zu Verdrängungseffekten gekommen. Wir in Wien gehen aber einen anderen Weg.”
Ob es da nicht sinnvoll gewesen wäre, gleich ein Gesamtpaket umzusetzen anstatt wie SPÖ-Chef Michael Ludwig mit einem Verbot vorzupreschen, beantwortet Lochner so: “Viele Wege führen nach Rom.”
Mehr Tageszentren für Alkoholkranke in Wien
Abseits des Pratersterns will man die Versorgung von Alkoholkranken in Wien aber insgesamt verbessern. Einerseits soll es künftig mehr Tageszentren geben, in denen “kontrollierter” Alkoholkonsum erlaubt ist.
Am Praterstern und einigen anderen Standorten existiere das schon, mit dem Fonds Soziales Wien arbeite man derzeit an einer Ausweitung, sagte Lochner: “Der Vorteil dabei ist, dass nicht im öffentlichen Raum getrunken wird. Und wenn es in Einrichtungen selbst ein Verbot gibt, dann gehen die Leute schnell vor die Tür und konsumieren sehr schnell sehr viel Alkohol – mit entsprechenden Auswirkungen. Wir können mit so einer Maßnahme also abfedern, dass es zu Gewalt kommt oder zu unangenehmen Situationen für andere Nutzer des öffentlichen Raums kommt.”
Kooperation zwischen Krankenhäusern und Sozialarbeit
Andererseits soll es verstärkt zu einer zielgerichteten Betreuung von Akutfällen kommen, wie die scheidende Gesundheitsstadträtin Sandra Frauenberger (SPÖ) bereits kürzlich gegenüber der APA angekündigt hatte. Lochner präzisierte: “Wenn es zu einer Alkoholvergiftung kommt, wird sie meistens in einer Notaufnahme eines städtischen Spitals behandelt. Die Aufgabe der Zentralen Notaufnahme ist es aber nicht, die Menschen dauerhaft zu behandeln. Man kann die Betroffenen auch nicht zwingen, Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Sinn der Sache wäre eine enge Verzahnung zwischen den Krankenhäusern, der Sozialarbeit und anderen Institutionen, damit sie woanders weiter versorgt werden können.”
Dressel gibt die Funktion des Sucht- und Drogenkoordinators nach 15 Jahren ab, bleibt aber Geschäftsführer der Sucht- und Drogenkoordination und wird sich hauptsächlich um das Projekt “Alkohol. Leben können” kümmern. Dabei geht es um eine umfassende, zwischen den einzelnen Trägern verzahnte Versorgung Alkoholkranker – wobei erstmals Stadt, Wiener Gebietskrankenkasse und Pensionsversicherungsanstalt gemeinsam die Initiative tragen und sich die Kosten teilen. Nach der schon laufenden Pilotphase geht es 2019 in den Regelbetrieb.
Kein Verdrängungseffekt bei “Giftler” vom Karlsplatz
Dressel zog über seine Tätigkeit gegenüber der APA eine positive Bilanz – gerade was den öffentlichen Raum anbelangt. “Wenn ich auf meine Anfangszeit zurückblicke, wie damals die offene Drogenszene in Wien ausgesehen hat, dann ist das 100 und 1. Das Problem ist nur, dass viele schon vergessen haben, wie das damals ausgeschaut hat und von dem heutigen, sehr guten Status ausgehen und dann unzufrieden sind mit den vergleichbar geringen Problemen, die es noch gibt.”
Als Grund für die Verbesserung nannte Dressel, dass es gelungen sei, die Suchtkranken nicht zuletzt durch neue Konzepte, einen Kapazitätsausbau und eine bessere Kooperation mit der Polizei in die Behandlung, Beratung und Betreuung zu bekommen. Und dass bis heute immer wieder zu hören ist, die “Giftler” vom Karlsplatz seien lediglich an andere Orte ausgewichen, wurmt ihn offenbar immer noch: “Es ist nicht richtig, was immer wieder kolportiert wird – nämlich, dass die Drogenszene am Karlsplatz woanders hin verdrängt wurde. Das stimmt nicht. Das ist Geschichtsfälschung, wenn man das behauptet.”
APA/red