logo



[email protected]

8. Mai in Wien: Vizekanzler Strache warnt vor “importiertem” Antisemitismus

1-01-1970, 00:00

Festredner Arik Brauer plädierte dafür, die “zarte Pflanze” Demokratie zu pflegen. Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach von einem Tag der Freude, Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erinnerte an Leid nach der Befreiung, beide warnten vor neuem Antisemitismus.

“Es ist ein Tag der Freude. Es ist aber auch ein Tag, an dem wir uns unserer Verantwortung stellen müssen”, sagte Kurz. Österreich habe lange gebraucht, um sich mit seiner Vergangenheit kritisch auseinanderzusetzen. “Über 100.000 Österreicherinnen und Österreicher wurden vertrieben, nachdem man sie zuvor beraubt, gedemütigt und in unserem Land misshandelt hatte”, sagte er. Nur ganz wenige seien zurückgeholt worden, “denn beraubt, gedemütigt und misshandelt waren sie in unserem Land nicht mehr willkommen.”

Strache: Zwei Gesichter der Befreiung

Auch Strache betonte, dass man das Ende der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft als Fest der Freude feiere und zurecht stolz auf Österreich sein könne. “Auf der anderen Seite hat es natürlich auch zwei Gesichter dieser Befreiung gegeben, weil es natürlich auch danach noch viel Leid gegeben hat”, so der FPÖ-Obmann.

Er sprach von materieller Not und Zerstörung, lobte die Trümmerfrauen und sah eine zehnjährige Besatzungszeit durch die Alliierten, in der Hunger und Angst tägliche Begleiter gewesen seien und es Plünderungen, Vergewaltigungen und Verschleppungen gegeben habe.

Antisemitismus auch bei Zuwanderern aus islamischen Ländern

Strache ortete eine Verantwortung gegenüber den Opfern des Dritten Reichs, “dass so etwas nie wieder in unserer Geschichte Platz greifen kann und der Antisemitismus ein Ungeist ist, der nicht nur in unserer Bevölkerung da oder dort vorhanden ist, sondern leider Gottes auch in den letzten Jahren importiert wurde, und da haben wir alle Verantwortung zu tragen”, so der FPÖ-Chef in Bezug auf Zuwanderer aus islamischen Ländern.

Ähnlich sah das Kurz, der hervorhob, dass Arik Brauer trotz seiner dramatischen Erfahrungen nach 1945 in Österreich geblieben sei, eine beeindruckende Karriere als Künstler gemacht habe und zu einem “kritischen Gewissen in unserem Land geworden ist, wenn es darum geht, den noch immer vorhandenen, aber auch den importierten Antisemitismus nicht nur anzusprechen, sondern auch zu bekämpfen”.

Arik Brauer selbst berichtete von seiner Verzückung angesichts des von ihm erlebten Einmarschs der russischen Truppen. “Für mich war es selbstverständlich eine Befreiung, für mich war es selbstverständlich ein Sieg. Nicht so für die Bevölkerung.” Zerstörte Wohnungen, gefallene Kinder und Ehemänner, vergewaltigte Töchter seien die Realität gewesen.

Österreich jubelte bei Anschluss

Brauer erinnerte aber auch an den “hysterischen Jubel” 1938 in Österreich angesichts des “Anschlusses” an Nazideutschland und das “euphorische Gefühl, einer auserwählten Rasse anzugehören, die das Recht hat und vielleicht auch die Pflicht hat, alle anderen zu besiegen, zu unterdrücken, zu versklaven und wenn’s passt auch auszurotten”.

Es musste eine neue Generation heranwachsen, so Brauer: “Und ich bin sicher, dass heute in Österreich die überwältigende Mehrheit der Menschen durchaus imstande ist, die Situation und die Wahrheit von der Zeit des Zweiten Weltkriegs richtig einzuschätzen”. Gesiegt habe damals “das allgemeine menschliche Bedürfnis, in Frieden und möglichst großer Freiheit zu leben”.

(APA/red)

Leserreporter
Bild an VOL.AT schicken
Nachrichtenquelle


© 2017-2024 wienpress.at [email protected]