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Hausapotheke muss schließen

13-03-2018, 06:00

Seit Montagfrüh ist bei Hausärztin Claudia Ertl alles anders: Mit 12. März darf die Medizinerin in Schwadorf, Bezirk Bruck/Leitha, keine Medikamente mehr abgeben. Ihr wurde mit sofortiger Wirkung die Bewilligung für ihre Hausapotheke entzogen.

Das urteilte das Landesverwaltungsgericht in einem Rechtsstreit, der bereits 2015 seinen Ausgang nahm. Und das, obwohl es weder einen zweiten Kassen-Hausarzt noch eine Apotheke in dem 2200 Einwohner-Ort gibt. Die nächste Arzneiausgabe ist in der Nachbargemeinde Enzersdorf/Fischa, 2,8 Kilometer entfernt.

"Das ist ein Hohn für alle, die sich nicht selber helfen können", ärgert sich Ertl. Der Fall ist einzigartig, denn die Gesetzeslage auf der das Gerichtsurteil beruht, ist eigentlich nicht mehr gültig: 1999 wurde für eine Apotheke in Enzersdorf/Fischa angesucht, doch erst 2014 wurde sie eröffnet.

Seither erfüllt Ertl aus Sicht der Behörde die Auflagen für den Hausapotheken-Betrieb nicht mehr – schließlich ist die Enzersdorfer Apotheke weniger als vier Kilometer entfernt. Allerdings wurde diese Rechtslage 2006 repariert: Seit damals dürfen Hausapotheken in Gemeinden, in denen es nur eine Kassenstelle und keine Apotheke gibt, bestehen bleibe, wie Ertls Rechtsanwalt Markus Lechner erklärt. Weil der Antrag aber vor der Gesetzesänderung eingebracht wurde, gilt die alte Rechtslage.

"Das ist alles eine Farce", ist auch Bürgermeister Jürgen Maschl (SPÖ) erbost. Montagfrüh hatten er und Ertl zum Protest vor ihrer Praxis geladen. "Es ist traurig, was sie den alten Leuten damit antun", sagt Anna Janosi. Die Patientin, die auf Krücken angewiesen ist, kann die Medikamente ihres Mannes nicht mehr beim Arztbesuch bestellen und wieder abholen, sondern muss dafür dann gleich zwei Mal mit dem Bus in den Nachbarort fahren.

Auf Hilfe angewiesen

"Wir haben nicht einmal einen Gehsteig nach Enzersdorf", ist Ertl fassungslos. "Das ist ein massiver Verlust von Lebensqualität der Gemeinde." Ältere und immobile Menschen bräuchten nun jemanden, der für sie in die Apotheke fährt. Sogar bei Hausbesuchen, darf sie keine Medikamente mehr abgeben. Das Kuriose: Selbst eine öffentliche Apotheke kann wegen der geltenden Schutzzonen nicht eröffnet werden. Und: Die Apothekerin aus der Nachbargemeinde hatte sich stets für den Erhalt der Hausapotheke ausgesprochen.

Ortschef Maschl will sich mit offenen Briefen an die Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) und Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) wenden. Am 3. April soll eine Bürgerversammlung stattfinden. Aufgeben will Ertl noch nicht. Sie und Lechner wollen sich nun an den Verwaltungsgerichtshof wenden. "Es könnte andere Gemeinden auch treffen", meint der Jurist.

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