“Ungarn hat jedes Jahr seine internationalen Verpflichtungen erfüllt”, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen nach der Genfer Konvention ging, unterstrich er. Es sei gleichzeitig allein die Entscheidung Ungarns, wen es als Flüchtling laut Genfer Konvention anerkenne. “Das ist eine Frage der nationalen Souveränität”, sagte Kovacs im Rahmen seines regelmäßig in der Botschaft in Wien stattfindenden Journalistengesprächs.
Im derzeitigen ungarischen Wahlkampf konzentriert sich die Regierungspartei Fidesz völlig auf die Warnung vor Migranten. Sie wirft etwa den Oppositionsparteien auf Plakaten vor, gemeinsam mit dem ungarischstämmigen US-Milliardär George Soros die Sperren an der Südgrenze abbauen zu wollen. Jüngst hatte Kanzleramtsminister Janos Lazar in der Wiener Favoritenstraße ein auf Facebook veröffentlichtes Wahlkampfvideo gedreht, in dem er behauptet, Wien sei wegen der Migranten schmutzig und gefährlich geworden. Das Video hatte zu Empörung in der österreichischen Politik geführt.
Westen müsse Ungarn Politik akzeptieren
Kovacs sagte dazu, wenn Ungarn “politische Positionen” aus dem Westen (d. h. Kritik an der Politik der Regierung von Viktor Orban, Anm.) jahrelang “tolerieren” habe müssen, müsste der Westen auch “Meinungen von Mitteleuropäern tolerieren”. Schließlich habe auch der frühere österreichische Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) die ungarische Regierung “als Nazis beschimpft”, sagte Kovacs. Er bezog sich auf ein Zitat Faymanns, der in der Flüchtlingskrise 2015 in Bezug auf Ungarns Politik gemeint hatte: “Flüchtlinge in Züge zu stecken in dem Glauben, sie würden ganz woanders hinfahren, weckt Erinnerungen an die dunkelste Zeit unseres Kontinents.”
Die ungarische Regierung hatte in den vergangenen Jahren den liberalen US-Philanthropen Soros und dessen angeblichen “Plan” zur Ansiedlung von Migranten in Europa in den Mittelpunkt ihrer Kampagnen gestellt. Zum jüngsten Vorwurf des slowakischen Ministerpräsidenten Robert Fico, Staatspräsident Andrej Kiska und Soros hätten einen Sturz der slowakischen Regierung geplant, sagte Kovacs: “Es gibt ein klares politisches Engagement von NGOs in der Slowakei”, offenbar in Anspielung auf von Soros finanzierte Nichtregierungsorganisationen. Er stellte sich weiters implizit auf Ficos Seite, indem er meinte: “Seien Sie nicht so naiv, um zu glauben, dass da kein ausländisches politisches Interesse besteht.” In der Slowakei hatte die Empörung um den Mord an dem Investigativjournalisten Jan Kuciak und seiner Verlobten zuletzt zum Rücktritt von Innenminister Robert Kalinak geführt.
Kovacs in Wien zurückhaltend über Wahl
Bezüglich des zu erwartenden Wahlergebnisses für Fidesz am 8. April gab sich Kovacs zurückhaltend. Das Erreichen einer Zwei-Drittel-Mehrheit sei “kein Ziel”. “Um eine Regierung zu bilden, braucht man 50 Prozent”, betonte er. Bei der Wahl 2010 hatten Fidesz und die mit ihnen untrennbar verbundenen Christdemokraten (KDNP) eine Zwei-Drittel-Mehrheit erreicht und dadurch unter anderem eine neue Verfassung und andere tiefgreifende Eingriffe ins Rechtssystem verabschieden können. Mittlerweile hat das Parteibündnis die Verfassungsmehrheit bei Verlusten bei Nachwahlen wieder verloren, ist aber mit 131 von 199 Sitzen nach wie vor dominant im ungarischen Parlament.
APA/Red.