Die zum “Anschluss”-Gedenken geschaffene Soundinstallation von Susan Philipsz wurde heute, Montag, von Bundespräsident Alexander Van der Bellen eröffnet. In den kurzen Reden, die vor dem Altan der Neuen Burg unmittelbar auf den offiziellen Staatsakt in der Hofburg folgten, erinnerte Johanna Rachinger, die Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek, daran, dass die Rede Adolf Hitlers am 15. März 1938 den Heldenplatz zu einer “audiovisuellen Ikone für die Mitverantwortung der Österreicherinnen und Österreicher an der Errichtung des NS-Terrorregimes” gemacht habe. Diese Rede liege “wie ein immerwährender Schatten über dem österreichischen und internationalen Bild des Heldenplatzes”, sagte Monika Sommer, die Gründungsdirektorin des im November in der Neuen Burg eröffnenden Hauses der Geschichte Österreich (HGÖ).
Klanginstallation von Susan Philipsz in Wien
Sie sei froh, dass eine Jury sich für die subtile Klanginstallation der schottischen Künstlerin und Turner-Preisträgerin Susan Philipsz als künstlerische Intervention für den Heldenplatz entschieden habe, sagte Sommer. Deren Arbeit trage den Titel “The Voices”, was auch für jene Stimmen stehe, die durch das Terrorregime zum Schweigen gebracht wurden.
Der “Klangraum”, der sich zwischen vier, von einem auf dem Altan aufgestellten Radiotransmitter angesteuerten Lautsprechern zwischen der Neuen Burg und den Parlamentspavillons entfaltet, soll innehalten lassen und “Raum für Erinnerungen und Emotionen” schaffen. Das bei dieser Vierkanal-Klanginstallation zu hörende Geräusch wurde von Philipsz erzeugt, indem sie mit dem Finger an den Rändern von vier mit Wasser gefüllten kristallenen Weingläsern entlanggefahren ist. Die Höhe des Wasserspiegels bestimmte dabei die Höhe des entstehenden Tons.
“The Voices” am Wiener Heldenplatz sollen irritieren
“Wie leicht zerbricht Glas?”, sei eine seiner ersten Assoziationen gewesen, als er von dem Projekt erfahren habe, sagte der Bundespräsident. Schließlich habe das, was mit einem laut schreienden Hitler am Heldenplatz begonnen habe, “in einem Scherbenhaufen geendet”. Kulturminister Gernot Blümel (ÖVP) sagte, es sei “wichtig und richtig, dass die Kunst im Prozess des Gedenkens mit dabei ist”, schließlich sei auch die Freiheit der Kunst in der NS-Zeit abgeschafft gewesen. Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) betonte neuerlich die Notwendigkeit, gegen jede Form von Antisemitismus, Intoleranz und Radikalität aufzutreten und Demokratie und Rechtsstaat zu verteidigen.
Die erste zehnminütige Sound-Session bewies anschließend die Fähigkeit von “The Voices” zu irritieren, und tatsächlich den Heldenplatz zu bespielen. Am Feintuning der Lautstärke wird möglicherweise noch gearbeitet werden. Ansonsten besticht die Klanginstallation durch ihre Einfachheit. Was auch dazu führt, dass sie sich ein wenig entzaubert, sobald man um die Herkunft der Töne weiß. Singende Gläser, ah ja! Ganz klar. Es ist, was es ist.
APA/Red.