“Zu Hause” ist für die Kelly Family vielerorts. Die folkloristisch angehauchte Popsensation, in den 1990ern ebenso umschwärmt wie verhasst, ist am Freitag zu einer ihrer vielen Wurzeln zurückgekehrt: Die bunte, aufwendige Familienaufstellung in der ausverkauften Wiener Stadthalle ließ fast vergessen, dass die ersten Auftritte des Musikclans vor größerem Publikum im Circus Roncalli stattfanden. Das (größtenteils weibliche) Publikum kennt sie natürlich alle: Angelo, Jimmy, Joey, John, Kathy und Patricia Kelly machten aus der Bühne der Stadthalle ein kosmopolitisches Hippie-Treffen. Gründungsmitglied Paul Kelly und mehrere professionelle Bühnenmusiker kamen hinzu, die einstigen Straßenmusiker bauen heute auf Pyroeffekte und Videowände. Was angesichts des Erfolgs ihres aktuellen Albums “We Got Love” auch vonnöten ist.
Kelly Family spielte alte Hits in der Wiener Stadthalle
Das Familiengefühl kam dennoch nicht zu kurz: “I Can’t Stop the Love” lautete gleich die erste Botschaft des mehr als zweistündigen Konzerts. Beim Titeltrack des aktuellen Albums kam eine Kiss-Cam zum Einsatz, die zum Abknutschen des Nachbarn vor mehr als 10.000 Konzertbesuchern animierte. Tränen kullerten da und dort etwa beim von John gefühlvoll vorgetragenen “Red Shoes”. Aber auch rasend-rockig kann die Kelly-Achterbahn, vorzugsweise mit Joey am Steuer, wie bei “Why Why Why”.
Die Kellys verstehen es, auf der Gefühlsorgel zu spielen, auch wenn die Hommage an den verstorbenen Vater den Schmalzalarm allzu sehr strapaziert. Die große Geste nimmt man der Familie, die zeitlebens nichts anderes als Musik gemacht hat, ab. Musikalisch wertvoll wurde es aber im kleinen Rahmen: Wenn folkloristische Postkarten aus allen Lebensstationen verschickt werden, etwa aus Spanien, Paris und natürlich Irland.
Kellys spielten Liebeserklärung an Wien
Natürlich waren es aber die Hits aus den 1990ern, die auch gereiften Konzertbesucherinnen höchste Frequenzen entlockten. “An Angel” wurde dabei früh und fast beiläufig geboten, der Gesangspart auf mehrere Familienmitglieder verteilt. Weiters im Gepäck: “Fell In Love With An Alien”, “Nanana” und “Who’ll Come WIth Me”. Nicht im Gepäck hingegen: Die einstigen Mitglieder Maite, die dem Reunions-Lockruf nicht gefolgt war, und “Paddy” Kelly, der im Kloster weilt.
Eine Liebeserklärung an Wien gab es von den Kellys auch mit dem Anreißen des Donauwalzers, der vom Publikum a capella fortgesetzt wurde. 23 Jahre ist es her, dass die Familienband auf der Donauinsel mit 250.000 Menschen ihr bestbesuchtes Konzert in ihrer Karriere gegeben hatte. Die Gelegenheit, dies zu toppen, bietet sich bei einem Open Air am 6. Juli in Dornbirn und tags darauf in Salzburg.
APA/Red.