Wien. Cavusoglu erwidert mit seiner Visite in Wien den Besuch Kneissls in Istanbul Ende Jänner, bei dem beide Minister bemüht waren, die angespannten bilateralen Beziehungen zu entkrampfen. Die diplomatische Atmosphäre zwischen den beiden Ländern war im Lauf der vergangenen beiden Jahre immer mehr abgekühlt, seit sich die Türkei nach dem gescheiterten Putschversuch unter der Regentschaft von Präsident Recep Tayyip Erdogan und seiner AK-Partei immer mehr in Richtung eines autoritären Systems entwickelte.
Tauwetter zwischen der Türkei und Österreich
Am Bosporus demonstrierten Cavusoglu und Kneissl im Jänner Tauwetter: So erreichte die Außenministerin, dass die seit mehr als hundert Jahren in der antiken Stadt Ephesos federführend tätigen österreichischen Archäologen nach eineinhalbjähriger Zwangspause ihre Arbeit wieder aufnehmen durften. Gleichzeitig bleiben aber weiter große Differenzen: Einerseits vertritt Wien weiter die Forderung, die Beitrittsgespräche der EU mit Ankara zu beenden, anderseits blockiert die Türkei im Sinne von “wie du mir, so ich dir” Kooperationen der NATO mit Österreich.
Miteinander statt übereinander sprechen
Nichtsdestotrotz sieht der türkische Botschafter in Österreich im gegenseitigen Verhältnis “eine neue Seite aufgeschlagen”. In einem Interview mit der Nachrichtenagentur Anadolu meint Mehmet Ferden Carikci: “Wir ziehen es jetzt vor, miteinander zu sprechen statt übereinander.” Besonders freut er sich darüber, dass die beiden Ressortchefs im Jänner auch die Wiederbelebung einer gemeinsamen parlamentarischen Wirtschaftskommission vereinbart hätten, die seit sieben Jahren auf Eis gelegen sei. Schließlich habe sich der bilaterale Handel trotz der politischen Differenzen weiter entwickelt – mittlerweile auf ein Volumen von 2,6 Milliarden Euro. “Österreich ist auch einer der größten ausländischen Investoren in der Türkei”, verweist Carikci sowohl auf heimische Investitionen von 306 Millionen Euro im Vorjahr als auch auf neu unterzeichnete Verträge im Ausmaß von 400 Millionen. “Das zeigt, dass österreichische Investoren den türkischen Markt kennen und ihm vertrauen.”
“Yunus Emre Institut” wird eröffnet
Neben seinem Gespräch mit Kneissl wird Cavusoglu in Wien auch an der offiziellen Eröffnung des “Yunus Emre-Instituts” teilnehmen und Vertreter der türkischen Gemeinde in Österreich treffen, wie Anadolu am Dienstag berichtete. Das nach einem türkischen Dichter und Mystiker des 13. Jhdts. benannte Institut betreibt weltweit Kulturzentren und hat sich zur Aufgabe gemacht, Sprache, Geschichte und Kultur der Türkei zu vermitteln.
(APA/red)