Ein 19-jähriger ging am Mittwoch in Parkland, Florida, in seine ehemalige Schule und tötete mit einem halbautomaischen Gewehr und massenhaft Munition und verletzte dutzende weitere. Der Schütze, der wegen Disziplinverstößen von der Schule verwiesen worden war, soll eine Gasmaske aufgesetzt, mit Rauchbomben einen Feueralarm ausgelöst und dann mit einer AR-15 das Feuer auf fliehende Schüler und Lehrer eröffnet haben.
Nach dieser grausamen Tragödie an der Marjory Stoneman Douglas High School, an der über 3.000 Schülern von 129 Lehrern unterrichtet werden, klettert die Zahl der Schulschießerein im Land der fast unbegrenzten Waffengesetze bereits auf 18. wurden Menschen entweder verletzt oder getötet. All das ist wohlgemerkt nur die Statistik für das bisherige Jahr 2018 mit seinen 45 Tagen.
A full list of all 18 school shootings in the first 43 days of 2018.
— igorvolsky (@igorvolsky)
Nur noch die wenigsten dieser Vorfälle schaffen es überhaupt noch in die großen nationalen oder gar internationalen Schlagzeilen. Dass Donald Trump am Mittwoch twitterte, kein Kind solle sich in einer amerikanischen Schule unsicher fühlen, mag als frommer Wunsch durchgehen, kann der Realität auch fünf Jahre nach den grausigen Vorfällen in Sandy Hook, bei dem neben dem Täter 20 Grundschüler und sechs Angestellte getötet wurden, und 19 Jahre nach dem Massaker an einer High School in Columbine (mit zwölf toten Schülern, einem Lehrer und zwei Täter) aber nicht im Geringsten entsprechen.
My prayers and condolences to the families of the victims of the terrible Florida shooting. No child, teacher or anyone else should ever feel unsafe in an American school.
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump)
Der bekannte Autor und Journalist Malcolm Gladwell Schulschießereien ein "überwältigend amerikanisches Phänomen" und machte unter anderem die leichte Verfügbarkeit von Waffen dafür verantwortlich. Es boomt aufgrund des großen Unsicherheitsgefühls nach hunderten Vorfällen in den letzten Jahrzehnten eine private Sicherheitsbranche rund um Schulen. Analysten schätzen diese mittlerweile 2,7 Milliarden Dollar schwer ein.
Gesetzliche Reaktionen auf eine Tragödie nach der anderen blieben unterdessen praktisch immer aus oder hatten rein kosmetischen Effekt, wie das Verbot einzelner Waffengriffe. Rief Ex-Präsident Barack Obama nach Ereignissen den zuständigen Kongress teils unter sichtbaren Emotionen noch zum Handeln auf, wollte Amtsinhaber Trump nach Schießereien in seiner Amtszeit davon nichts wissen. Auch nicht als im Oktober ein Mann mit seinen automatischen Waffen aus noch immer ungeklärten Gründen in Las Vegas aus einem Hotelzimmer 58 Menschen tötete und 851 verletzte. Die Debatte über Waffengesetze sei "nichts für jetzt", sagte er damals.
Als Privatperson hatte Trump noch Sympathien für strengere Gesetze erkennen lassen. Im Vorfeld seiner republikanischen Kandidatur für das Präsidentenamt rückte er jedoch zunehmend davon ab. Strengere Regulierungen scheitern vor allem am Widerstand der Republikaner, die zuletzt diverse Regularien sogar aufweichen wollten.
Stets warnt die derzeit regierende Partei nach Amokläufen und Schießereien vor Anlassgesetzgebung und will ohne Anlass auch nicht darüber sprechen. Ex-GOP-Präsidentschaftskandidat Marco Rubio warnte am Donnerstag etwa vor schnellen Schlüssen. Man wisse schließlich noch nicht, ob strengere Waffengesetze die Tragödie in Parkland verhindert hätten. Der umstrittene zweite Verfassungszusatz in den USA, der das Recht Waffen zu besitzen und zu tragen ausdrücklich festschreibt, bleibt daher auch nach solchen Tragödien wie in Florida am Mittwoch weitgehend unangetastet.
Das Verhältnis mancher Amerikaner zu Waffen drückt sich gut aus in einem schon grundlegend fragwürdigen aber am gestrigen Valentinstag auch enorm schlecht gealterten Instagram-Post der National Rifle Association (NRA).
Foto: Screenshot: Instagram
Zwar zeigen Umfragen stets Mehrheiten in der US-amerikanischen Bevölkerung für strengere Gesetze und, ein nicht unwesentlicher Teil hat die Waffenfreiheit aber auch als ihr Herzensthema erkannt. Und dieser macht über Aktivismus und Lobbyismus Druck auf Abgeordnete und Behörden.
42 Prozent der Amerikaner leben in einem Haushalt mit Waffen, haben mehr als eine. ist Mitglied der NRA, die vehement das Recht auf den Besitz und das Tragen möglichst vieler Waffen verteidgt. Ebensoviele haben bereits einmal einen Politiker wegen der Waffenpolitik kontaktiert, 28 Prozent deshalb bereits auch an entsprechende Organisationen gespendet. Für drei von vier Waffenbesitzern ist das Recht auf die Waffe "wesentlich für ihre Freiheit".
