Orban sei ein “Proponent der illiberalen Demokratie”. Es gebe aber keine illiberale Demokratie, sondern “es ist dann nicht mehr weit zum System Putin”, verwies Strolz auf den russischen Präsidenten als “erweiterten Freund” Orbans. “Wir glauben, dass Europa nicht diese Straße nehmen soll.”
Strolz: Regierung soll nicht “populistisch die nationale Karte zücken”
Strolz warnte davor, “populistisch die nationale Karte zu zücken”. Diese könne in Europa nur in einem Gegeneinander enden. Die Bundesregierung solle daher nicht darauf setzen.
So weit, dass man Orban überhaupt nicht mehr zu bilateralen Treffen einladen sollte, wollte Strolz nicht gehen: Natürlich solle man auch zu schwierigen Nachbarn Kontakt halten. Es gehe ihm aber um die “Symbolkraft” des ersten Besuches und nach dem Motto “Zeige mir deine Freunde und ich sage dir, wer du bist” um die Frage, wer das Vorbild der neuen Bundesregierung sei.
Als liberales und pro-europäisches Gegengewicht zu Orban in Ungarn stellte Strolz Andras Fekete-Györ von der liberalen Bewegung Momentum vor. Gemeinsam mit den Gruppierungen Progressive Slovakia und Nowoczesna (die Moderne) aus Polen haben die NEOS und Momentum kürzlich eine Initiative als Gegenpol zu anti-europäischen Strömungen ins Leben gerufen. Momentum wolle als Vertretung der nach 1989 geborenen Generation bei der Wahl in Ungarn am 8. April ins Parlament einziehen, wie Fekete-Györ sagte.
NEOS und Bewegung Momentum üben Kritik an Orban
“Wir müssen in einem ganz, ganz schwierigen politische Klima Politik machen”, so Fekete-Györ weiter. Orban beschrieb er als “Autokraten” und “ganz schwachen Menschen, der kein Selbstvertrauen hat”. Nicht umsonst unterhalte er Propagandamedien, greife täglich die Zivilgesellschaft und der politischen Diskussion ausweiche. Er warnte Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) davor, den Weg Orbans, der “auch als liberaler, junger Playboy angefangen” habe, zu nehmen; leider gebe es aber dahin gehend “sehr negative Zeichen”.
Momentum hatte vor einem Jahr genügend Unterschriften gesammelt, um eine Volksabstimmung über eine von Orban ausgegangene Bewerbung Budapests für die Austragung der Olympischen Spiele 2024 herbeizuführen. Die Bewerbung wurde angesichts eines Volksentscheids daraufhin zurückgezogen.
Wien-Besuch für Dienstag geplant
Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) empfangen Orban am morgigen Dienstag in Wien. Orban steht international wegen autoritärer Tendenzen in der Kritik. Seine rechtsnationale Regierung geriet immer wieder wegen umstrittener Verfassungsreformen, Mediengesetze, des Hochschulgesetzes, Vorgehens gegen ausländische Unternehmen oder der rigiden Flüchtlingspolitik in Konflikt mit der EU, wobei sich auch Kurz beim letzten Thema für einen rigiden Kurs mit dem Hauptfokus auf den Schutz der Außengrenzen einsetzt.
Uneinig sind sich Österreich und Ungarn aber bei der von der Bundesregierung geplanten Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land. Für Ungarn, die in Österreich arbeiten und deren Kindern in Ungarn leben, würde das eine Kürzung bedeuten. Ungarn ist von der geplanten Maßnahme ökonomisch am meisten betroffen. 2016 betrug die österreichische Familienbeihilfe für die fast 39.000 betroffenen Kinder rund 80 Mio. Euro. Auch Fekete-Györ zeigte sich “nicht einverstanden” mit der Maßnahme.
Zweites aktuelles Konfliktthema ist die Atomkraft, wo Wien nun rechtlich gegen die ungarischen Ausbaupläne des AKW Paks vorgehen will. Eine gemeinsame Pressekonferenz von Kurz und Orban ist morgen nicht geplant.
(APA/Red)
