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Über Topf und Tasse

21-01-2018, 18:00

Sie

Es gibt Tage, da stehe ich in unserer Wohnung und schaue mich um. Dann frage ich mich, was wäre, würde ein bisher unentdeckter Wienerwald-Vulkan  ausbrechen und wir davon überrascht werden. Würden uns Archäologen hunderte Jahre später erstarrt  vorfinden – und mit uns alle uns umgebenden Gegenstände? Wie den schweren Topf, der seit Tagen am Herd steht,  ein Artefakt, das demonstrieren soll: In dieser Küche wird gekocht! Darin hatte ich vor einer Woche Paprikahendl zubereitet, und der Mann nebenan tat, was er  leidenschaftlich nach dem Mahl  tut: den Tisch abräumen,  noch während die anderen essen. Um  bei Fließwasser klappernd Teller und Topf zu säubern, während der Rest sich  aufgrund des Lärms anbrüllt:  Bitte das Salz!   

Mr. Abwäscher

Nach dem Säubern ist vor dem Wegräumen, er jedoch versteht  sein Werk mit dem Putzen als vollendet. Dass es in unserer Küche ein eigens für die Topffamilie vorgesehenes Fach gibt, ignoriert Mr. Abwäscher. Also bleibt der XL-Topf am Herd stehen, über ihm schwebt eine unsichtbare Botschaft an Gnä Kuhn: Räum! Mich! Weg! Blinder Gehorsam gefährdet bekanntlich die Demokratie, auch in Beziehungen, also lasse ich das Werk des Unvollenders justament sehen. Vielleicht weil ich mir denke, dass er morgens, wenn er die Espressomaschine  anwirft, allenfalls darüber „stolpern“ und den Topf wegräumen würde. Nix da. Als Großmeister der Ars Ignorensis baut er seine Frühstückswelt um das Ding herum. Doch ich habe  einen Plan. Heute werde ich ihn fragen, ob wir  nicht eine Runde Topfklopfen spielen wollen.  Sehr aufregend.

Lese-Termine: 24. 2. Klosterneuburg, 3. 3. Eisenstadt, 13. 4. Oberwaltersdorf, 19. 4. Rothneusiedlerhof,  8. 5. Perchtoldsdorf

Er

Der Kuhn-Text  beweist nur, wie liebevoll meine Frau ihre blinden Flecken pflegt. Denn dass sie mir vorwirft,  ich hätte einen Topf  nicht weggeräumt, ist etwa so, als würde Donald Trump die Welt davor warnen, via Twitter politischen Unsinn zu verzapfen. Fakt ist, dass ich mir (und ihr) in einer Art Topf-an-Topf-Rennen  ersparen wollte, das gesamte Sortiment in der Lade neu zu arrangieren, weil meine Schlichtkunst so gar nicht ihrer Vorstellung (deren Logik mir ewig ein Rätsel bleiben wird)  entsprochen hat. Daher war mein an Normalität kaum noch zu übertreffender Gedanke: Dann mach’s doch gleich selbst.

Riesentassen

Erstaunlich an ihrer kolumnistischen Anklage ist jedenfalls der Umstand, dass wohl kein Tag vergeht, an dem ich nach ihrer Abreise ins Büro nicht auf ein vergessenes Teehäferl stoße. Ich weiß nicht, warum, aber für die Liebste ist es stets undenkbar, in der Wohnung auch nur einen Schritt zu tun, ohne den Tee mit auf die Reise zu nehmen. An einem Ort in Ruhe zu genießen, das gelingt ihr nur, wenn  Freundinnen zu Besuch sind, alle mit angewinkelten Beinen  im Kreis sitzen, dicke Pullover über die Knie gespannt, die Riesentassen mit beiden Händen umfasst, um einander mit Hilfe von Apfel-Sieben-Seelen-Ingwer-Tee (heutzutage heißt das Zeug nur so) Erleuchtungsideen zu offenbaren. In der Früh jedoch entdecke ich ihre Häferln regelmäßig am Badewannenrand, hinter der Stereoanlage, im Bücherregal oder auf der Waschmaschine. Und ... räume sie weg. Ohne großes Tamtam. Denn wenn ich sie zart ermahne, sagt sie garantiert immer nur: „Oh!“ Was so viel heißt wie: Aber ein Häferl ist kein Topf.

Solo „Abend mit einem Mannsbild“: 2. 2. Wien, Studio Akzent, 4. 3. Wien (CasaNova). 7. 3. Graz (Casino). Termine:
 

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