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SPÖ Wien: Große Bühne für Häupls Kronprinzen

16-01-2018, 18:00

Dieser Artikel wird im Laufe des Abends aktualisiert

Es ist der erste Höhepunkt im Duell um die Nachfolge von Michael Häupl als Bürgermeister und Parteichef der Wiener SPÖ. Dienstagabend stellen sich die beiden Kandidaten, Klubobmann Andreas Schieder und Wohnbaustadtrat Michael Ludwig, im Odeon Theater in der Leopoldstadt einem parteiinternen Hearing. Geladen waren alle knapp 1000 Delegierte, die beim Parteitag am 27. Jänner den neuen Parteichef wählen werden. Rund 200 davon hätten sich für die zweistündige Abendveranstaltung angemeldet, war am Dienstag aus Parteikreisen zu vernehmen.

Die Delegierten konnten vorab online Fragen einreichen, die dann den beiden Kandidaten auf der Bühne gestellt wurden.

Die Ausgangslage: Inhaltlich ließen sich bis dato zwischen den beiden Kandidaten kaum nennenswerte Unterschiede ausmachen. Ludwig hat den Vorteil, dass er schon sehr früh seine Kandidatur bekannt gab und damit mehr Zeit hatte, Verbündete um sich zu scharen. Schieder hingegen kann sich auf die mehr oder wenig offene Unterstützung durch Häupl verlassen.

Keine Schlammschlacht

"Beiden ist hoch anzurechnen, dass eine Schlammschlacht halbwegs vermieden wurde", sagt Politikberater Thomas Hofer. "Die beiden Kandidaten hätten schon mit ganz anderen Geschützen auffahren können." So blieb es aber bei eher dezenteren Angriffen auf den Kontrahenten – etwa Schieders Kritik an der Wohnbaupolitik, die in Ludwigs Zuständigkeitsbereich fällt.

Nach zwei Jahren "Chaos-Kommunikation" zur Frage der Häupl-Nachfolge mache ein moderater parteiinterner Wahlkampf aber durchaus Sinn, sagt der Politologe Peter Filzmaier. "Ansonsten wäre selbst der Sieger schwer beschädigt worden. Er würde auf einer Ruine sitzen, wie es Häupl formuliert hat."

Dass es zwischen Schieder und Ludwig bis dato kaum Unterschiede bei den inhaltlichen Ansagen gab, überrascht Filzmaier nicht. "Nach der Bildung der türkis-blauen Bundesregierung war es logisch, dass der gemeinsame Außenfeind nach innen eint und sich die Botschaften der beiden Kandidaten angleichen", sagt der Experte.Laut Hofer mache es aber vor allem für Ludwig durchaus Sinn, die Unterschiede zu seinem Konkurrenten zu verwischen, vor allem in der Frage des Verhältnisses zur FPÖ. Zur Erinnerung: Von seinen Gegnern wurde Ludwig vorgeworfen, keine Berührungsängste zu den Freiheitlichen zu haben. Zuletzt wurde er daher nicht müde zu betonen, dass für ihn eine rot-blaue Koalition nicht in Frage komme.

Schwer einzuschätzen ist für Hofer der Faktor Michael Häupl: "Die Frage ist: Wie viel kann er noch bewegen? Wie stark agiert er hinter den Kulissen?" Filzmaier ist hinsichtlich der Rolle des Bürgermeisters skeptisch: "In den ersten 90 Prozent seiner Amtszeit wäre es wahlentscheidend gewesen, dass er Schieder unterstützt. Mittlerweile ist es so, dass ein Machtwort Häupls oft nur mehr zwei, drei Wochen wirkt. Das hat auch damit zu tun, dass er die rechtzeitige Regelung seiner Nachfolge verabsäumt hat."

Für die Delegierten werde laut Hofer letztlich entscheidend sein, "wem der beiden eher zugetraut wird, das Bollwerk Wien gegen Türkis-Blau zu verteidigen." Ob das Schieder oder Ludwig ist, lasse sich derzeit seröserweise noch nicht beantworten.

Weiterer Fahrplan

Und so sieht der weitere Fahrplan aus: Am kommenden Samstag geht ein zweites Hearing mit den Delegierten über die Bühne. Kommende Woche sind dann noch Chats mit Schieder und Ludwig geplant, bei denen sich einfache Parteimitglieder, aber auch die interessierte Öffentlichkeit beteiligen können. Am Nachmittag des 27. Jänner wird dann feststehen, wer Häupl nach 24 Jahren im Chefsessel als Parteivorsitzenden ablösen wird. Vermutlich Ende Mai übernimmt dann der neue Parteichef auch den Wiener Bürgermeister-Posten.

Über seine Stärken: "Ich habe eine verantwortungsvolle Tätigkeit in der Wiener Stadtregierung. Diese Verantwortung nehme ich sehr ernst. Ich denke, ich habe das in den letzten zehn Jahren  auch unter Beweis gestellt.  Ich komme aus einfachen Verhältnissen, bin in einer kleinen Gemeindewohnung aufgewachsen. Das hat mich geprägt. Ich stehe dafür, Brücken zu bauen. Wir müssen die Sorgen und die Unzufriedenheit der Menschen erkennen, und nicht uns in der Blase gegenseitig den Kurs bestätigen."

Über seine ersten Vorhaben als möglicher nächster Wiener Bürgermeister: "Wir müssen eine Stadt der Zukunft entwerfen, da geht es um das Stadtbild, das gute Leben, um Kultur und Kreativität, um Standortqualität und Nachhaltigkeit – das alles bündelt sich im Wohnbau. Wir werden erstmals die Internationale Bauausstellung ausrichten. Da wird die Welt nach Wien kommen, um in die Zukunft der Stadt zu schauen."

Über seinen Kontrahenten Andreas Schieder: "Ehrgeizig,  flexibel, selbstbewusst."

Über den typischen Wiener: "Fleißig, gemütlich und manchmal raunzerd."

Lieblingszitat von Michael Häupl: "Wissenschaft fordert primär den Verstand heraus - Kunst das Gefühl. Beide sind Schwestern im Geiste."

Lieblingsautoren: "Friederike Mayröcker, Franz Schuh, Dietmar Grieser, Hugo Portisch."

Hobbys: "Literatur, Kunst und Kultur, Laufen."

Foto: KURIER/Jeff Mangione

Über seine Stärken: "Durch meine Erfahrung in der Bundespolitik und meine Wiener Wurzeln bringe ich das notwendige Gesamtpaket als Wiener Parteivorsitzender und Bürgermeister mit. Und ich kann unser Wien gegen Schwarz-Blau verteidigen und ihnen eine Politik des Optimismus und der sozialen Gerechtigkeit entgegnen. Außerdem stehe ich dafür, dass die SPÖ eine geeinte Partei ist, in der Demokratie gelebt wird und die Freude an der politischen Gestaltung groß ist. Was mir auch wichtig ist: Ich will den innerparteilichen Diskurs beleben und werde frischen Wind bringen. Ich kenne die Partei gut und kann ihr zu einer neuen Stärke verhelfen. Ich werde die Delegierten überzeugen, weil ich für Modernisierung und politische Erneuerung stehe und das Rote Wien der Zukunft gestalten will."

Über seine ersten Vorhaben als möglicher nächster Wiener Bürgermeister: "Als erste schnell umsetzbare Maßnahme: WLAN in Öffis."

Über seinen Kontrahenten Michael Ludwig: "Nett, solide, kommunalpolitisch versiert."

Über den typischen Wiener: "Grantig-herzlich mit einem guten Schmäh."

Lieblingszitat von Michael Häupl: "Da gibt es einige, als eines der aktuellsten: ,Mei Wien is ned deppert‘."

Lieblingsautoren: "Als Kind Christine Nöstlinger, jetzt viele Krimiautoren und als Lyriker Erich Fried."

Hobbys: "Wandern, Mountainbiken, Skifahren, Kochen."

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

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