Es gibt ja nichts, das durch (gute) Musik nicht ein klein wenig besser werden könnte. Sogar, wenn man am Westbahnhof von der U3 in die U6 umsteigen muss, was bekanntlich eher ein Adrenalin-förderndes Ereignis ist, zumindest, wenn man sich nicht für hetzende Menschenmassen begeistert. Seit in der U-Bahn-Passage Live-Musiker stehen – und um sie beglückte, manchmal sogar tanzende Passanten –, ist die Umsteigerei gar nicht mehr so schlimm. Ja, manchmal zaubert sie sogar ein Lächeln ins Gesicht. Experiment geglückt.
Natürlich kann das Projekt "Musik im öffentlichen Raum" auch den gegenteiligen Effekt haben. Beim U-Bahn-Ausgang Heiligenstadt steht seit kurzem ein Violinist. Er spielt schön, aber ich bin mir – vorsichtig formuliert – nicht sicher, ob er zur Rush Hour an diesem Ort der geeignete Künstler ist. Heute Morgen etwa, ich hetzte im Nine-to-five-Schwarm Richtung Büro und ging in Gedanken die To-do-Liste für den Tag durch, übertönte plötzlich ein vertrauter Klang die Musik aus meinem iPod: David Garrett aus Heiligenstadt fidelte Cohens "Hallelujah", und zwar so herzzerreißend, dass mir fast die Tränen kamen. Die Darbietung warf mich komplett aus der Bahn; selten war ich auf dem Weg zur Arbeit so traurig gewesen. Und noch seltener hatte ich mich so nach der "Kleinen Nachtmusik" gesehnt.
