Am Dienstag protestierten erneut Tausende gegen eine mögliche ÖVP-FPÖ Koalition. Dies geschah am 25. Jahrestag der ersten schwarz-blauen Regierungsangelobung. Laut Organisatoren marschierten 30.000 Menschen vom Ballhausplatz zur ÖVP-Zentrale in der Lichtenfelsgasse in Wien.
"Wir sind die Brandmauer, wo seid ihr? Nein zu Kickl sagen wir", so Sheri Avraham von der IG Bildende Kunst und Marty Huber von Queerbase den Demonstrierenden zu Beginn zu. Man sei "gegen jede Form der Menschenfeindlichkeit", sei es Homo- oder Transphobie, Antisemitismus oder Rassismus. Auch dem Rohrbombenattentat in Oberwart, bei dem der rechtsextreme Bombenhersteller Franz Fuchs in der Nacht zum 5. Februar 1995 vier Roma ermordete, wurde gedacht.
Bereits zuvor betonten mehrere Demoteilnehmer und -teilnehmerinnen, bei einer Regierung mit FPÖ-Beteiligung, Angst um ihre Rechte zu haben. Frauen-, LGBTIQ-, und weitere Minderheitenrechte seien besonders in Gefahr, so der Tenor. Eine Teilnehmerin der "Omas gegen Rechts" fürchtete gar, "dass sich die Geschichte wiederholt" und sich Österreich hin zu einem faschistischen Staat entwickle. Die Reden der Organisatoren und Organisatorinnen griffen auf Klassiker der Sprechgesänge wie "Alerta, alerta, antifascista!" und "Ganz Wien hasst die FPÖ (bzw. ÖVP)" zurück. Kritik gab es an den "Bezahlkarten" für Asylwerber und -werberinnen. "Was als Schikane beginnt, führt zur Kriminalisierung von Armutsgefährdeten", so Huber.
Organisiert wurde die Demo von "wiederdonnerstag". "Weil eine rechtsextreme Regierung heute so unterirdisch und jenseitig ist wie vor 25 Jahren", heißt es auf deren Instagram-Account. Die Polizei war mit zahlreichen Beamten und Drohnen im Einsatz. Demonstrationen gegen eine Regierung mit FPÖ-Beteiligung haben lange Tradition. Als die Freiheitlichen im Jahr 2000 erstmals in die Regierung kamen, formierten sich die "Donnerstagsdemos", deren Teilnehmer wöchentlich ihren Unmut kundtaten. Während Türkis-Blau wurden diese wiederbelebt. Als die FPÖ aus der Nationalratswahl im vergangenen Herbst als stimmenstärkste Kraft hervorging, fand eine Großdemonstration statt, genauso als Anfang Jänner die ÖVP in Regierungsverhandlungen mit den Blauen eintrat. An beiden Veranstaltungen nahmen mehrere 10.000 Menschen teil.
Ganz im Westen der Republik, in der Vorarlberger Landeshauptstadt Bregenz, waren schon eine Stunde vor dem Beginn der Demo in Wien Menschen auf die Straße gegangen. Laut Polizei etwa 450 Personen demonstrierten bei einem Marsch vom "Platz der Menschenrechte" am Hafen bis zum Vorplatz des Landhauses für Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit und Solidarität. Spruchbänder wie "Menschenrechte statt rechte Menschen", "Schwarz-Blau=Sozialabbau" oder "Als wir Frauen mehr Rechte wollten, meinten wir keine Nazis" machten klar, wofür die Demonstrierenden eintraten.
Auf dem Landhaus-Vorplatz wurde der Demonstrationszug von einer Sängerin mit der Textzeile "In jedem Winkel dieses Landes kann Menschlichkeit entstehen, wenn wir ein paar Schritte aufeinander zugehen" empfangen. Anschließend wurden bei Eiseskälte in Redebeiträgen die Werte einer freien Gesellschaft betont, ebenso wurde auf das Kriegsende vor 80 Jahren hingewiesen und die Angelobung der ersten schwarz-blauen Bundesregierung vor genau 25 Jahren erläutert.